Offene Fragen nach der Verurteilung von Uli Hoeneß
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Neben der Diskussion über die noch nicht rechtskräftig verhängte dreieinhalb jährige Freiheitsstrafe stellen sich mir nach der in dieser Woche durchgeführten Hauptverhandlung mehr Fragen als dass eindeutige Antworten gegeben werden können:
- Keine Verfahrensabsprache !?
Obwohl es keine Verfahrensabsprache gegeben haben soll, entsprach die nur viertägige Hauptverhandlung einem Steuerstrafprozess, wie er üblicherweise nach einer Absprache geführt wird. Nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO ist im Protokoll sogar zu vermerken, dass "eine Verständigung nicht stattgefunden hat."
Aus den Medienberichten kann ich nicht erkennen, dass mit irgendwelchen Anträgen die Verteidigung und/oder die Staatsanwaltschaft für den Fall der Fälle die Revision in der Hauptverhandlung vorbereitet hätten. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft betrieb die Verteidigung trotz des „Absturzes in nur vier Tagen“ keine Medienarbeit und erklärte die überraschend negative Prozessentwicklung für ihren Mandanten nicht. Eine Verteidigungsstrategie war für mich nicht zu erkennen. Ohne Absprache wäre die aber erforderlich gewesen, weil eine langjährige Freiheitsstrafe im Raum stand.
Warum räumt Uli Hoeneß zum Prozessauftakt eine viel höhere Hinterziehungssumme als angeklagt ein (von der es am Montag zunächst hieß, sie hätte ihm ohne Geständnis nicht nachgewiesen werden können), um tagsdarauf mit noch "viel schlimmeren" Zahlen konfroniert zu werden?
Warum nimmt sich das Gericht nicht mehr Zeit, sondern hält trotz neuer wichtiger Erkenntnisse am ursprünglichen Fahrplan fest?
- Amtsaufklärung
Auch im Falle einer Absprache verbleibt es bei der das Gericht treffenden Aufklärungspflicht.
Gleichwohl wurde die tatsächliche Schadenshöhe nicht ermittelt, die vermutlich weit höher als 28,5 Millionen € liegt. Kommt es auf ein paar weitere Millionen hinterzogener Steuer beim Strafmaß wirklich nicht an?
Stammten die 150 Millionen €, die sich zeitweilig auf dem Konto befanden, wirklich nur aus Finanzwetten?
Wie erklären sich die Sprünge in Millionenhöhe in den Abrechnungen (hierauf wusste auch die Steuerfahnderin und der Vorsitzende keine Antwort)?
Welche Rolle spielten die Berater der Schweizer Bank, mit denen Hoeneß ständig Kontakt hatte?
Hat die Zockerei nicht doch die Schuld beeinträchtigt?
- Weitere Fragen
Der Strafprozess ist kein juristisches Oberseminar. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob nicht im Rahmen der Wahrheitssuche die behauptete Trennung zwischen den persönlichen Geschäften des Angeklagten und den Geschäften des FC Bayern nicht näher untersucht hätte werden müssen. Denn es passt nicht zusammen, dass der überaus erfolgreiche Mann hinter dem FC Bayern penibel alles richtig gemacht hat, aber in eigenen Angelegenheiten dermaßen schlampig war.