Kirchlicher Arbeitgeber – Entschädigungsanspruch einer konfessionslosen Bewerberin
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen, darf ein kirchlicher Arbeitgeber von Bewerbern eine konfessionelle Bindung verlangen? Um diese hoch umstrittene Frage ging es in einem vor kurzem ergangenen Urteil des ArbG Berlin (vom 18.12.2013 – 54 Ca 6322/13). Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung ist hier das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das im Lichte des Europäischen Unionsrechts auszulegen ist. Der Blick fällt vor allem auf § 9 AGG, der eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften (und ihren Einrichtungen) für zulässig erklärt, wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Im Fall des ArbG Berlin hatte eine Einrichtung der Evangelischen Kirche eine Stelle für einen Referenten/eine Referentin ausgeschrieben, um einen unabhängigen Bericht zur Umsetzung der Antirassismuskonvention der Vereinten Nationen durch Deutschland erstellen zu lassen. In der Stellenausschreibung wurden entsprechend den kirchlichen Bestimmungen die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehörenden Kirche sowie die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt. Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Kirche ist, bewarb sich erfolglos um die Stelle; sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch nicht eingeladen. Mit ihrer Klage hat sie Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung nach § 15 Abs. 2 AGG begehrt. Vor dem ArbG Berlin hat sie nun recht bekommen. Die beklagte kirchliche Einrichtung wurde zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts verurteilt. Der Beklagte dürfe eine Einstellung von einer Kirchenmitgliedschaft nur abhängig machen, wenn es sich um eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“ handele. Dies könne in Bezug auf die hier fragliche Referententätigkeit nicht festgestellt werden. Das Thema „Antirassismus“ sei zwar auch nach „religiösen und diakonischen Wertvorstellungen“ von Bedeutung; eine Religionszugehörigkeit sei für die ausgeschriebene Tätigkeit jedoch nicht erforderlich. Der Beklagte könne sich in Bezug auf die Besetzung der Stelle nicht auf das nach Art. 140 Grundgesetz (GG) garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen berufen; eine nach § 9 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion liege nicht vor. Letzteres dürfte sicherlich Widerspruch hervorrufen. Nur gestufte Loyalitätspflichten im kirchlichen Dienst als europarechtlich und diskriminierungsrechtlich als zulässig anzuerkennen, wäre eine fragwürdige Beschneidung der Rechtsposition der Kirchen. Denn welche Loyalitätsanforderungen für den kirchlichen Dienst gelten, entscheiden – in Einklang mit ihrem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht – weiterhin die Kirchen, nicht der weltliche Richter. Von daher wäre eine Überprüfung in der Berufungsinstanz wünschenswert. Die Sprecherin der Diakonie Deutschland deutet bereits an, dass man nach Auswertung der noch nicht vorliegenden Entscheidungsgründe über eine Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg nachdenken werde. Ggf. wird das LAG auch eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu erwägen haben.