BGH zur Google-Autovervollständigung: Persönlichkeitsrechte sind - auf Beschwerde hin - zu beachten
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Letztes Jahr hatte ich im Zusammenhang mit der Bettina-Wulff-Kontroverse darauf hngewiesen, dass Google-Mitarbeiter in ihrer Stellungnahme glatt lügen, wenn sie behaupten, in den Auto-Vervollständigungsalgorithmus bei den Suchvorschlägen werde nicht redaktionell eingegriffen. Es entwickelte sich hier im Blog eine lebhafte Diksussion darüber, ob Google auch für potentiell persönlichkeitsverletzende Assoziationsketten, die bei bestimmten Sucheingaben angezeigt werden, redaktionell verantwortlich zu machen ist.
In einem ähnlichen Fall hatte das OLG Köln im Herbst für Google entschieden - die Kombination eines Namens mit einem bestimmten (häufig angeklickten) Suchbegriff als Suchvorschlag sei in Ordnung, Google behaupte damit ja nicht, dass die (negative) Assoziation berechtigt sei, sondern nur, dass es sich um häufig kombinierte Suchbegriffe anderer Nutzer handelt.
Ich bin da anderer Ansicht, da ich denke, dass die häufigen Klicks zu einem großen Teil gerade durch den "interessanten" Suchvorschlag generiert werden.
Der BGH hat nun in diesem wesentlichen Punkt dem Kläger gegen Google Recht gegeben und die Entscheidung des OLG Köln insofern revidiert: Zwar liege unmittelbar noch keine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, doch hafte Google nach Kenntniserlangung (also ggf auf Beschwerde Betroffener). Dies entspricht meiner Auffassung.
Aus der Pressemitteilung des BGH
(Zitat)
"Die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten beinhalten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein fassbarer Aussagegehalt innewohnt, zwischen dem Kläger zu 2 und den negativ belegten Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" besteht ein sachlicher Zusammenhang." (...)
"Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet.
Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet. Der Beklagten ist nämlich nicht vorzuwerfen, dass sie eine Suchvorschläge erarbeitende Software entwickelt und verwendet hat, sondern lediglich, dass sie keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus. Der Betreiber einer Suchmaschine ist regelmäßig nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt.
Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern."(Zitat Ende)