Anbau von Cannabispflanzen auf einem frei zugänglichen Waldgrundstück – wer ist Besitzer?
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Das OLG Celle hat sich mit der Frage beschäftigt, ob jemand, der Cannabispflanzen auf einem frei zugänglichen Waldgrundstück anbaut (67 Pflanzen mit einem THC-Gehalt von 28,49 Gramm), wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bestraft werden kann.
In dem zu entscheidenden Fall ging es um Angeklagte, die auf einem abgelegenen, nicht unmittelbar einsehbaren Waldstück eine Marihuana-Outdoor-Plantage errichteten, um davon ihren Eigenkonsum decken zu können. Die Angeklagten gossen und düngten die Pflanzen, umzäunten die Fläche zum Schutz vor Verbiss mit einem Wildzaun aus Draht und häuften einen Wall aus Zweigen und Geäst an. Ferner schützten sie die Pflanzen durch Krempen und Gift vor Mäusen.
Das OLG Celle nahm in seinem Beschluss vom 21.01.2013, 32 Ss 160/12 (BeckRS 2013, 02864) einen Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge an und begründete dies wie folgt:
„Besitzen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes setzt ein bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein voraus, die darauf gerichtet sind, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf das Betäubungsmittel zu erhalten (st. Rspr., BGH NStZ-RR 2008, 54; BGH NStZ-RR 2008, 212; BGH NJW 1978, 1696;BGH, NStZ-RR 1998, 148). Für die Einstufung als Besitz kommt es weder auf die Eigentumsverhältnisse an noch darauf, ob der Täter die Betäubungsmittel unmittelbar in seiner Herrschaftsgewalt hat oder sie an irgendeiner Stelle verwahrt, zu der er sicheren Zugang hat, so dass er ohne Schwierigkeit darüber verfügen kann (BGH NJW 1978, 1696). Danach ist es entgegen der ausgeführten Sachrüge für die Beurteilung als Besitz unerheblich, ob die Angeklagten Dritte von der Herrschaft über die in freier Natur angebauten Betäubungsmittel ausgeschlossen hatten. Es reicht aus, dass die Angeklagten selbst jederzeit ungehinderten Zugang hatten. Dies war hier schon deswegen der Fall, weil sie überlegenes Wissen zur Belegenheit der Plantage hatten, die nach den Feststellungen des Amtsgerichts an versteckter Stelle in einem Waldgebiet lag. Die Manifestation des Herrschaftswillens an der Waldfläche als „Inbesitznahme“ ergibt sich hier neben der Aussaat von Pflanzen zu Eigenen Zwecken auch - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat - durch die faktische Einfriedung der Anbaufläche mit einem Zaun und einem natürlichen Wall. Dass diese Maßnahme nach den Feststellungen der Abwehr von Wild und nicht von Menschen diente, ändert nichts daran, dass die Angeklagten hierdurch die Grundfläche und die darauf befindlichen Pflanzen nach ihrem Willen schützen wollten. Darin kommt eine für die Begründung eines tatsächlichen Herrschaftswillens ausreichende Ausübung der Sachgewalt zum Ausdruck.“
Für alle, die den Tatbestand des unerlaubten Anbaus vermissen: § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zählt nur das Handeltreiben, Herstellen, Abgeben und Besitzen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf. Die Begehungsweisen des Erwerbs und des Anbaus gehen in diesem Fall im Besitz auf (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Auflage, § 29a Rn. 43, 178).