Teilnahme am Religionsunterricht = Kindeswohlgefährdung?
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Die Zwillinge der getrennt lebenden Eltern sind gerade eingeschult worden und schon gab es Streit.
Sollen die beiden konfessionslosen Jungs am Religionsunterricht teilnehmen oder nicht?
Die Mutter war dagegen, der Vater dafür.
Das AG übertrug dem Vater die Entscheidung über eine Teilnahme am Religionsunterricht und den Schulgottesdiensten.
Die Mutter ging in Beschwerde und beantragte außerdem, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung des amtsgerichtlichen Beschlusses.
Letzteres wurde vom OLG abgelehnt:
Dass die Kinder bei einer Teilnahme am Religionsunterricht und den Schulgottesdiensten bis zur Entscheidung in der Hauptsache Schaden nehmen, ist nicht zu befürchten. Soweit sie bei ihrer Anhörung erklärt haben, dass sie nicht zum Religionsunterricht gehen wollen, kann dem nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen. Denn dass sie die Bedeutung ihrer Erklärung wirklich überschauen, kann angesichts ihres Alters nicht angenommen werden. So konnten sie auch keinen Grund für ihre ablehnende Haltung angeben. Eine einseitige und dauerhafte Beeinflussung der Kinder in religiösen Fragen ist bei einer Teilnahme bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zu befürchten. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist eine Reflexion der Kinder mit den in der Zeit bis zur Hauptsacheentscheidung im ersten Grundschuljahr vermittelten Inhalten, die noch keine schwierigen theologischen Fragen betreffen, durchaus möglich und hängt letztlich davon ab, in welcher Form die Antragsgegnerin auf die Kinder eingeht, so dass auch einer erheblichen Verunsicherung im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen der Kindeseltern, die die Kinder miterleben, durch ein entsprechendes Verhalten der Kindeseltern entgegengewirkt werden kann. Insbesondere kann einer Unlust der Kinder, am Religionsunterricht vorläufig teilzunehmen, und einer Abneigung gegen den Schulbesuch entgegengewirkt werden, indem die Kindeseltern und insbesondere die die Kinder betreuende Kindesmutter ihre Erziehungskompetenz wahrnehmen und die Kinder positiv auf den Schulbesuch und die Teilnahme an dem Religionsunterricht einstellen. Eine Gefährdung des Kindeswohls bei einer Teilnahme am Religionsunterricht und dem Schulgottesdienst bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens ist daher nicht festzustellen, weshalb eine Aussetzung der Vollziehung aus Kindeswohlgründen nicht erforderlich ist.
Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.
OLG Köln v. 10.09.2012 - 10 UF 108/12