Leiheltern
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Herr S. und Frau O. sind ein Ehepaar mit bislang unerfülltem Kinderwunsch.
Sie ließen daher ein von S. befruchtetes Ei der O. in der Ukraine einer von dort stammenden Leihmutter einpflanzen, die das Kind auf die Welt brachte. In der ukrainischen Geburtsurkunde wurden S. und O. als Eltern eingetragen.
S. und O. beantragen die Ausstellung eines deutschen Reisepasses für das Kind.
Abgelehnt.
Ein deutscher Reisepass (auch ein Kinderpass) kann nur für Deutsche im Sinne des Art. 116 I GG ausgestellt werden.
Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt setzt voraus, dass das Kind von Frau O. oder von Herr W. im rechtlichen Sinne abstammt.
Dies ist nach deutschem Recht (vgl. Art 19 I 2 EGBGB, beide Eltern Deutsche) nicht der Fall.
Mutter des Kindes ist die ukrainische Leihmutter, da sie das Kind geboren hat (§ 1591 BGB)
Die ukrainische Leihmutter war zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet, so dass ihr Ehemann als der Vater des Kindes gilt (§ 1592 Nr. 1 BGB).
Stellt man gemäß Art. 19 I 1 EGBG auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes ab, käme die Anwendung ukrainische Abstammungsrechts in Betracht.
Nach ukrainischem Recht sind Frau O. und Herr S. zwar gemäß Art. 123 Abs. 2 des ukrainischen Familiengesetzbuchs als Eltern des Antragstellers anzusehen. Nach dieser am 20. September 2011 in das ukrainische Familiengesetzbuch aufgenommenen Regelung sind nämlich im Fall einer Übertragung der Leibesfrucht, die von dem Ehemann und der Ehefrau unter der Anwendung von Reproduktionstechnologien erzeugt wurde, in den Organismus einer anderen Frau, die Ehegatten die Eltern
Diese Regelung verstößt jedoch gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts im Sinne des Art. 6 EGBGB. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtsnorm eines anderen Staates dann nicht anzuwenden, wenn dadurch ein rechtliches Ergebnis eintreten würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (insbesondere den Grundrechten) offensichtlich unvereinbar wäre. Dies ist hier der Fall, da Leihmutterschaften in Deutschland gesetzlich verboten sind und es daher gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts (sog. „ordre public“) verstieße, die genetischen Eltern als Eltern im Rechtssinne anzuerkennen.
Dass das Ehepaar S. in der ukrainischen Geburtsurkunde des Antragstellers als Vater und Mutter eingetragen wurde, ist für die Bestimmung der Abstammung unerheblich, denn deren Eintragungen sind für die Abstammung nicht konstitutiv.
OVG Berlin v. 05.09.2012 - 23 L 283.12
Als einzige Möglichkeit bleibt die Adoption des Kindes