Keine Abmahnung bei erstmaliger Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Krankheit?
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Nach Auffassung des ArbG Berlin soll die erstmalige Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Krankheit den Arbeitgeber nicht zu einer Abmahnung berechtigen (ArbG Berlin, Urt. vom 08.06.2012 - 28 Ca 6569/12, BeckRS 2012 71305).
Enthalte der Arbeitsvertrag keine Regelung, die dem Arbeitnehmer die Rechtslage, insbesondere seine Pflicht, eine Verlängerung der ursprünglich angezeigten Arbeitsunfähigkeit erneut mitzuteilen, verdeutlicht, so könne der Arbeitgeber nicht schon den ersten Verstoß zum Gegenstand förmlicher Missbilligung in Form einer Abmahnung machen. Er habe den betreffenden Pflichtenkreis des Arbeitnehmers vielmehr zunächst erst klarzustellen, ehe er ggf. im Wiederholungsfall abmahnen könne.
Das Gericht ist also offenbar der Überzeugung, dass der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag Pflichten, die den Arbeitnehmer bereits kraft Gesetzes treffen, nochmals wiederholen muss. Die dahinter stehende Annahme, dem Arbeitnehmer sei die Kenntnis des Gesetzes nicht zuzumuten, wohl aber die Lektüre seines Arbeitsvertrages, erscheint indessen nicht unangreifbar.