Wenn die minderjährige Tochter sich ohne Wissen der Eltern tätowieren lässt – Bemerkungen zur NJW-Entscheidung der Woche aus strafrechtlicher Sicht
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Diese Woche hat die NJW-Redaktion zur "Entscheidung der Woche" (vgl. NJW-aktuell 33/2012 S. 10) das zivilrechtliche Urteil des AG München NJW 2012, 2452 ausgewählt: Eine erwerbstätige 17-Jährige hatte ohne Wissen ihrer Eltern sich für 50 € tätowieren lassen. Die Entscheidung befasst sich mit der Wirksamkeit eines solchen Vertrags und ob – einen Vertragsschluss vorausgesetzt – trotz des gesetzlichen Vorrangs der Nacherfüllung ein Schadensersatzanspruch der Minderjährigen besteht.
Das AG München vertritt mit Blick auf einen verneinten Schmerzensgeldanspruch den Standpunkt, es liege aufgrund der Einwilligung der Minderjährigen keine rechtswidrige (gefährliche) Körperverletzung vor. Die fehlende Einwilligung der Eltern sei unerheblich.
Zwar steht auch den Minderjährigen eine Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu. Jedoch stellt sich die Frage, ob dieses Recht hinter dem Sorgerecht der Eltern zurücktritt (so auch Hauck NJW 2012, 2398, 2399). Wie bei medizinisch indizierten Eingriffen hätten m.E. auch die Eltern einwilligen müssen, damit die Rechtswidrigkeit entfällt.
Als Körperschmuck sind Tattoos (nicht nur) bei Minderjährigen derzeit sehr beliebt. Die Frage, ob bei geschäftsähnlichen Handlungen mit höchstpersönlichem Einschlag auch der/die gesetzlichen Vertreter zustimmen müssen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Sie wird deshalb in nächster Zeit die Praxis der Instanzgerichte vermehrt beschäftigen.