Die (gescheiterte) Flucht in die Privatinsolvenz
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Manche Unterhaltsschuldner versuchen sich ihren Unterhaltspflichten dadurch zu entledigen, dass sie den Unterhalt nicht zahlen, anschließend in die Privatinsolvenz gehen und darauf hoffen, nach der Wohlverhaltensphase Restschuldbefreiung zu erhalten.
Aber: Ausgenommen von der Restschuldbefreiung sind gemäß § 302 InsO Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 angemeldet hatte. Als „unerlaubte Handlung“ kommt im Bereich des Kindesunterhalts § 170 StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht) in Betracht.
Der Unterhaltsgläubiger muss dann vor dem Amtsgericht Feststellungsklage (auch Attributsklage genannt) erheben.
Das OLG Celle hat nunmehr entschieden, dass für eine solche Attributsklage das Familiengericht und nicht die Zivilabteilung des Amtsgerichts zuständig ist. Es könne nicht ernsthaft fraglich sein, dass auch die Feststellung der (auch) deliktischen Begründung bereits titulierter Unterhaltsansprüche eine Familiensache im Sinne von §§ 111 Nr. 4, 231 Nr. 1 FamFG darstellt. Der deliktische Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 170 StGB setzt zentral das Bestehen und die Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung voraus. Insofern „betrifft“ das Verfahren Ansprüche aus gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung, ohne dass es darauf ankäme, ob im konkreten Streit der Schwerpunkt darin oder auf anderen Rechtsgebieten läge.
Für den Unterhaltsschuldner bedeutet diese Zuordnung zum Familiengericht, dass er sich in dem Verfahren anwaltlich vertreten lassen muss.
Im vorliegenden Fall bejahte das OLG die Erfolgsaussichten der Atttributsklage und gewährte dem Unterhaltsgläubiger VKH:
Der entsprechende Vorsatz ergibt sich vorliegend vielmehr daraus, dass der Antragsgegner seine bewusste Nichtzahlung des Kindesunterhaltes auch in der Folgezeit nicht aufgab und bis zuletzt selbst keinerlei laufende Zahlungen erbrachte. Bereits nach der für vorläufig vollstreckbar erklärten amtsgerichtlichen Verurteilung konnte er von einem pauschalen Vorrang anderweitiger Zahlungsverpflichtungen in keinem Fall mehr ausgehen. Nach der Rücknahme seiner (Anschluss-) Berufung war bereits ein wesentlicher Teil der Unterhaltsverurteilung rechtskräftig, nach dem Senatsurteil vom 7. April 2009 stand seine Verpflichtung sogar in vollem Umfang endgültig fest. Dieses Verhalten des Antragsgegners schließt aus, dass die Nichtzahlung auf einem beachtlichen Tatbestandsirrtum hinsichtlich seiner Zahlungsverpflichtung beruhte.
OLG Celle v. 07.05.2012 - 10 WF 385/10