BAG zur zweimonatigen Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung müssen Beschäftigte nach § 15 Abs. 4 S. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend machen. In der Entscheidung Bulicke hat der EuGH (8.7.2010, NZA 2010, 869) allerdings insoweit eine Einschränkung gemacht, als nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 S. 2 AGG die Frist im Fall einer Bewerbung oder Beförderung unabhängig von der Kenntnis des Kandidaten von einer möglichen Benachteiligung mit dem Zugang der Ablehnung beginnt. Die Vorschrift sei richtlinienkonform so auszulegen, dass die Geltendmachungsfrist auch in diesen Fällen erst zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Arbeitnehmer von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis erlangt. Für Arbeitgeber kann das sehr misslich sein. Denn dieser Zeitpunkt kann u.U. deutlich nach dem Zugang der Ablehnung liegen, wenn der Kandidat zB erst nachträglich von der Einstellung oder Beförderung eines anderen Bewerbers erfährt. In nicht wenigen Fällen wird es allerdings doch der Zeitpunkt der Ablehnung sein, wie eine neuere Entscheidung des BAG (Urteil vom 15. März 2012 - 8 AZR 160/11) verdeutlicht. In dieser Entscheidung bestätigt das BAG zunächst die grundsätzliche Richtlinienkonformität der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG. Das ist besonders hervorhebenswert, waren doch gewisse Restzweifel nach der EuGH-Entscheidung verblieben. Sodann geht es um den genauen Zeitpunkt, zu dem die Frist zu laufen beginnt. Zu beurteilen war das für folgenden Fall: Das beklagte Land schrieb zur Jahresmitte 2008 drei Stellen für Lehrkräfte an einer Justizvollzugsanstalt aus. Der Kläger bewarb sich dafür, wobei er auf seine anerkannte Schwerbehinderteneigenschaft hinwies. Mit Schreiben vom 29. August 2008 lehnte das beklagte Land die Bewerbung des Klägers ab. Dieses Schreiben erhielt der Kläger am 2. September 2008. Mit einem beim beklagten Land am 4. November 2008 eingegangenen Schreiben meldete der Kläger Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche an, weil er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Das BAG bestätigte die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen. Denn mit Erhalt des Ablehnungsschreibens habe der Kläger Kenntnis von den Indizien seiner Benachteiligung erhalten, da er bei der Bewerbung auf seine Schwerbehinderung hingewiesen hatte und er abgelehnt worden war, ohne nach § 82 SGB IX von dem öffentlichen Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Damit sei der Kläger mit Erhalt des Ablehnungsschreibens am 2. September 2008 in der Lage gewesen, seine Benachteiligung geltend zu machen. Sein dazu gefertigtes Schreiben erreichte das beklagte Land jedoch erst am 4. November 2008, also zu spät. In anderen Fällen wird man hingegen nicht ohne weiteres an das Ablehnungsschreiben anknüpfen können, etwa bei einer Geschlechtsdiskriminierung, wenn der/die abgelehnte Bewerber/in erst später erfährt, auf wen die Wahl gefallen ist.