Der Ghostriter wird Fachanwalt
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Wer Fachanwalt für Familienrecht werden will muss neben der theoretischen Ausbildung und Prüfung 120 familienrechtliche Fälle persönlich und weisungsfrei bearbeitet haben. Mindestens 60 der Fälle müssen gerichtliche Verfahren sein; dabei zählen gewillkürte Verbundverfahren sowie Verfahren des notwendigen Verbundes mit einstweiligen Anordnungen doppelt.
Diese Menge schaffte ein Anwalt mit seiner eigenen (noch) kleinen Kanzlei nicht. Er arbeitete jedoch noch für zwei andere Kanzleien als freier Mitarbeiter. Dort bearbeitete er Familiensachen in ausreichender Zahl selbständig und verfasste auch Schriftsätze. Diese jedoch gingen unter dem Briefkopf und mit der Unterschrift des „Fremdanwalts“ raus.
Das mochten die Anwaltskammer und der Anwaltsgerichtshof Hamm für die Zulassung als Fachanwalt nicht anerkennen.
Doch, das geht sagt der BGH
Der erbrachte Nachweis wird durch die Ergebnisse der Durchsicht von ausgewählten Akten, die von der Beklagten sowie vom Anwaltsgerichtshof vorgenommen worden ist, nicht durchgreifend erschüttert. Dass danach Schriftsätze fast ausnahmslos von den mandatierten Rechtsanwälten unter deren Briefkopf unterzeichnet wurden, wobei sich überwiegend keine eindeutig auf die Urheberschaft des Klägers hinweisenden Diktatzeichen gefunden haben, steht der Annahme des Nachweises persönlicher Bearbeitung im Hinblick auf die vorgelegten anwaltlichen Versicherungen nicht grundsätzlich entgegen (s. auch AGH Hessen, BRAK-Mitt. 2009, 82, 84 f.). Die Annahme des Anwaltsgerichtshofs, die Tätigkeit des Klägers habe sich auf eine völlig untergeordnete "Zuarbeit" beschränkt, steht ferner nicht mit den von ihm getroffenen Feststellungen in Einklang. Vor allem hat der Kläger auch danach vielfach Gerichtstermine wahrgenommen, nach den zwölf durch den Anwaltsgerichtshof überprüften Akten aus der Fallliste I sogar über den Klägervortrag hinaus "in der Mehrzahl", nach den im angefochtenen Urteil zahlenmäßig nicht benannten Akten der Fallliste II "gelegentlich".
BGH 10.10.2011 - AnwZ (Brfg) 7/10 -
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