Verfolgung von Betäubungsmitteldelikten – Nur „Haudrauf“ oder mehr?
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Den Verfolgern von Betäubungsmitteldelikten wird oftmals vorgeworfen, bei Betäubungsmitteltätern nur „draufzuhauen“. Dabei basiert die deutsche Drogenpolitik wie in vielen anderen Ländern auch auf vier Säulen: 1. Prävention, 2. Überlebenshilfe (Harm Reduction), 3. Therapie und 4. Repression. Die Strafverfolgung ist zwar grundsätzlich repressiv ausgelegt. Aber gerade das Betäubungsmittelstrafrecht beinhaltet auch Elemente der anderen Säulen, z.B. in den §§ 35 ff. BtMG (Therapie statt Strafe). Zudem werden präventive Ansätze verfolgt. Ein Beispiel dafür ist das deutsche Frühinterventionsmodell „FreD – Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“, das in diesem Jahr seinen 10. Geburtstag feiert (s. www.lwl.org/FreD/).
FreD bietet jungen Drogenkonsumenten/innen, die mit illegalen Drogen (meist Cannabis) auffällig geworden sind, eine Kurzintervention zur Reflektion des eigenen Konsumverhaltens an. Das Projekt wird in Kooperation mit der Polizei und Justiz durchgeführt. Der Eindruck des Ermittlungsverfahrens soll dabei genutzt werden, die betroffenen Jugendlichen und Heranwachsenden zwischen 14 und 21 Jahren, die im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln auffällig geworden sind, zur Teilnahme an einem solchen FreD-Kurs zu motivieren. Die Intervention soll das Wissen der teilnehmenden Jugendlichen erhöhen (rechtliche Situation, Wirkungen und Risiken von Substanzen, Hilfeangebote in der Region) und zur Reflexion ihres Konsums motivieren und ggf. zur Änderung ihres Konsumverhaltens beitragen.
Seit dem Jahr 2007 wird FreD unter dem Namen FreD goes net fortgeführt. FreD goes net umfasst einerseits den Transfer des „klassischen“ Projektansatzes von FreD in 17 europäische Länder. Andererseits beinhaltet das Projekt eine Weiterentwicklung der Zugangswege im Hinblick auf eine Auffälligkeit mit Alkohol und zudem eine Ausweitung der vermittelnden Settings wie Schule und Arbeitsplatz.
Die Ergebnisse sind überaus positiv. So kommt das wissenschaftliche Institut FOGS (Köln), das FreD goes net wissenschaftlich begleitet hat, u.a. zu folgendem Ergebnis (FOGS, Evaluationsbericht zu FreD goes net, 2010):
„Die befragten Teilnehmer/innen geben nach Abschluss der Kurse eine Vielzahl von Effekten an. Danach hat die Intervention u.a. zu einer Verbesserung ihres Informationsstands bzw. Wissens zum Alkohol- bzw. Drogenkonsum beigetragen. Zudem hat sich die Einstellung der Teilnehmer/innen insbesondere zum Drogenkonsum verändert. Eine Mehrzahl gibt an, zukünftig weniger Drogen zu konsumieren oder ihren Drogenkonsum vollständig zu beenden. Schließlich nennen die Teilnehmer/innen eine verbesserte Problembewältigungskompetenz sowie eine erhöhte Bereitschaft zur Veränderung ihrer persönlichen Situation.“
Anlässlich des 10. Geburtstages von FreD veranstaltet die Koordinationsstelle Sucht des LWL Westfalen-Lippe am 22. und 23. November 2011 in Münster eine bundesweite Fachtagung. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit geht es nicht nur um FreD, sondern um Kurz- und Frühprävention aus verschiedenen Blickwinkeln. Außerdem besteht im Rahmen des FreD-Updates die Möglichkeit für Fachkräfte, die bereits FreD-Kurse anbieten, das Zertifikat zum/r FreD-Trainer/in zu erlangen (mehr zum Programm und zur Anmeldung www.lwl.org/ks-download/downloads/Aktuelles/2011_09_09-FRED_kurz_und_gut...).