Fahren unter Drogeneinfluss – Schluss mit den Ausreden
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Das Fahren unter Drogeneinfluss wird – solange der Fahrzeugführer nicht fahruntüchtig i.S.d. § 316 StGB ist - gem. § 24a Abs. 2 StVG als Ordnungswidrigkeit geahndet (zur Abgrenzung zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat gem. § 24a StVG/§ 316 StGB s. im Einzelnen Patzak/Bohnen, Betäubungsmittelrecht, 2. Auflage, Kap. 2, Rn. 127 ff.).
Als problematisch haben sich die Fälle erwiesen, in denen die Betroffenen angaben, der Drogenkonsum läge bereits viele Stunden zurück. Verschiedene OLGs haben insoweit entschieden, dass es an der Erkennbarkeit der fortdauernden Wirkung eines Betäubungsmittels fehlen könne, wenn zwischen Rauschmittelkonsum und Fahrtantritt eine größere Zeitspanne liege (z.B. OLG Celle NStZ 2009, 710). Auf die in der Literatur gegen diese Stundenarithmetik erhobenen Einwände hat Kollege Krumm im Blog bereits hingewiesen (http://blog.beck.de/trackback/22278).
Das OLG Hamm hat in seiner Entscheidung vom 5.4.2011 eine andere Auffassung vertreten (Az. 3 RV 19/11, veröffentlicht in Blutalkohol 2011, 288). Es führt dort aus:
„Jeder Kraftfahrer, der sein Fahrzeug nach Drogenkonsum fährt, weiß, dass er vorsichtig sein muss. Diese Kenntnisvermittlung ist seit Jahrzehnten Bestandteil jeder Führerscheinausbildung. Gemäß § 11 Abs.2 OWiG setzt daher für ihn eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht ein (Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 11, Rn.24). Demzufolge kann und muss sich ein Kraftfahrzeugführer Kenntnis darüber verschaffen, wie lange die Wirkungsdauer der von ihm eingenommen Droge andauert. Dabei muss er alles in seiner Macht stehende tun, damit er nicht, da objektiv unter Drogenwirkung stehend, eine für andere potenziell gefährliche Fahrt antritt (König, NStZ 2009, 425,427). Diese Prüfungs- und Erkundigungspflicht ist ihm auch ohne weiteres zumutbar. Neben kostengünstigen seriösen Informationsquellen im Internet kann und muss er zur Not einen Apotheker oder Mediziner befragen. Nur der Konsument weiß, welches Mittel er in welcher Menge genommen hat.
Nur sofern er sich der Gefahrlosigkeit der Fahrt gewiss sein kann, darf er sich in den Straßenverkehr begeben. Vertraut er hingegen auf ungewisser Grundlage auf den Abbau der Droge und verwirklicht sich sein Einschätzungsrisiko, handelt er objektiv und subjektiv fahrlässig (König.a.a.O.).
Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass der Angeklagte, unabhängig davon, wann er die Drogen zu sich genommen hatte (am Tattage oder zuvor) verpflichtet war, sich hinreichend über die mögliche Wirkungsdauer zu erkundigen. Da er dieses offensichtlich unterlassen hat, handelte er im Hinblick auf § 24 a Abs.2 StVG fahrlässig.“
Meine Meinung: Eine sehr erfreuliche Entscheidung, hoffentlich mit Vorbildfunktion!