Betriebliche Übung auch im Verhältnis von Arbeitnehmern untereinander?
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Das Rechtsinstitut der "betrieblichen Übung" ist - trotz unklarer dogmatischer Grundlage - seit langem anerkannt. Bislang kannte zumindest ich es aber nur als Anspruchsgrundlage gegenüber dem Arbeitgeber. Ein jetzt veröffentlichtes Urteil des LAG Köln (vom 13.01.2011 - 6 Sa 942/10) geht darüber jedoch ohne nähere Begründung hinaus und erklärt eine "betriebliche Übung" auch im Verhältnis von Arbeitskollegen untereinander für anwendbar.
Oberarzt verlangt Beteiligung aus dem Privatliquidationspool des Chefarztes
Der Kläger ist als Oberarzt in einem Krankenhaus beschäftigt. An den Privatliquidationserlösen seines Chefarztes wurde er von 2002 bis 2007 stets mit 1025 Euro monatlich beteiligt. Mit Schreiben vom 16.11.2007 wurde ihm mitgeteilt, dass er ab Dezember 2007 nur noch 500 Euro monatlich erhalte. Dagegen wehrt er sich mit einer Klage gegen den Chefarzt und den Krankenhausträger.
LAG Köln: Anspruch besteht (nur) unmittelbar gegen den Chefarzt
Das LAG Köln hat der Klage gegen den Chefarzt stattgegeben, weil zugunsten des Oberarztes eine "betriebliche Übung" entstanden sei. Diese könne nicht einseitig (ohne Änderungskündigung oder dgl.) beseitigt werden. Dagegen hält das Gericht das Krankenhaus nicht gesamtschuldnerisch zur Zahlung für verpflichtet. Der Krankenhausträger habe selbst keinen Vertrauenstatbestand gesetzt und dementsprechend auch keine betriebliche Übung begründet.
Ich frage mich: Können Ansprüche aus betrieblicher Übung tatsächlich auch im Verhältnis von Kollegen untereinander entstehen? Wenn ich zB bislang die Kaffeekasse meines Lehrstuhls allein finanziert habe, muss ich das auch für alle Zukunft tun? Und wenn ich das nicht mehr will: Muss ich (obwohl ich gar nicht Arbeitgeber bin) meinen Mitarbeitern dann eine Änderungskündigung schicken? Können die dagegen klagen? Vor dem Arbeitsgericht? Gegen mich?