Pauschale Abgeltung von Überstunden unzulässig - auch bei angestellten Rechtsanwälten
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Im vergangenen Jahr hat das BAG entschieden, dass die AGB-Klausel „erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht genügt, wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt (BAG, Urt. vom 01.09.2010 - 5 AZR 517/09, NZA 2011, 575). Der Arbeitgeber müsse daher alle Überstunden gesondert vergüten; hinsichtlich der Höhe gelte § 612 BGB (= das Übliche).
Auch angestellte Rechtsanwälte sind normale Arbeitnehmer
Dies nimmt nach Berichten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (vom 17.06.2011) eine auf das Arbeitsrecht spezialisierte Berliner Anwaltskanzlei nun zum Anlass, angestellte Rechtsanwälte in Großkanzleien aufzufordern, ihre Überstundenvergütungen einzuklagen. Man ist sich zwar wohl bewusst, dass dies während des bestehenden Arbeitsverhältnisses kaum auf Resonanz stoßen wird. Anwälte aber, die beim branchenüblichen "up or out" nicht innerhalb weniger Jahre den Aufstieg geschafft haben und die Kanzlei verlassen (müssen), könnten durchaus als geeignete Kläger und damit Mandanten der besagten Berliner Kanzlei in Betracht kommen. Unter Umständen könnten mehrere 100.000 Euro nachgefordert werden.
Bei einer 60-Stunden-Woche können in drei Jahren sechsstellige Beträge auflaufen
Der Nachweis der tatsächlich geleisteten Stunden dürfte - anders als bei vielen anderen Arbeitnehmern - relativ leicht fallen, weil in Großkanzleien üblicherweise Time Sheets geführt werden, auf denen der Anwalt in kurzen Takten (6 oder 10 Minuten) notieren muss, womit er beschäftigt gewesen ist. Sollten die Arbeitsgerichte tatsächlich zu der Überzeugung gelangen, dass das vereinbarte Grundgehalt nur für eine "reguläre" Arbeitswoche von 40 oder gar 38,5 Stunden geschuldet ist, könnten bis zur Verjährungsgrenze von drei Jahren tatsächlich erhebliche Nachzahlungsansprüche auflaufen - 60 Stunden wöchentliche Arbeitszeit sind in Großkanzleien nämlich durchaus nicht unüblich.