Neues/Altbekanntes aus dem Bundesjustizministerium
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Aus einem offiziellen Papier der Ministerin
Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern
Fragen und Antworten
Stand: 06. Mai 2011
Was plant das Bundesjustizministerium?
Die ministeriumsinternen Überlegungen sind weit fortgeschritten. Auch aus dem parlamentarischen Raum gibt es verschiedene Regelungsvorschläge. Angesichts der großen Bandbreite rechtspolitischer Möglichkeiten und der sehr kontroversen Standpunkte ist es schwierig, ein Modell zu finden, das zur Überzeugung aller für die sehr heterogenen Lebenssituationen jeweils angemessene Lösungen bietet.
Zur Diskussion standen zunächst vor allem zwei Grundmodelle. Die sogenannte Widerspruchslösung geht vom Grundsatz der gemeinsamen Sorge von Anfang an aus. Die Mutter bekäme die Möglichkeit, binnen einer Frist Widerspruch einzulegen. Dann müsste das Familiengericht entscheiden. Die Antragslösung geht demgegenüber zunächst von der Alleinsorge der Mutter aus. Stimmt die Mutter dem gemeinsamen Sorgerecht nicht ausdrücklich zu, könnte der Vater beim Familiengericht eine gerichtliche Entscheidung beantragen.
Nach intensiven Gesprächen mit dem Koalitionspartner hat die Bundesministerin der Justiz, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, nunmehr einen Kompromiss zum Sorgerecht vorgeschlagen. Er stellt eine Mischform zwischen diesen beiden schon seit Längerem diskutierten Grundmodellen dar.
Dem Kompromissvorschlag zufolge hätte die Mutter bei der Geburt des Kindes zunächst das alleinige Sorgerecht. Erklärt der nicht mit der Mutter verheiratete Vater durch Abgabe einer Sorgeerklärung allerdings, dass er mit der Mutter gemeinsam die elterliche Sorge ausüben will, hat die Mutter acht Wochen Zeit, sich eine Meinung über die gemeinsame Sorge zu bilden. Äußert sich die Mutter nicht, entsteht nach acht Wochen kraft Gesetzes die gemeinsame Sorge. Widerspricht die Mutter der gemeinsamen Sorge, hat der Vater noch die Möglichkeit, einen Antrag beim Familiengericht zu stellen. Das Gericht hätte dann zu entscheiden, ob das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl widerspricht oder nicht.
Der Kompromissvorschlag der Bundesjustizministerin stärkt die Rechte lediger Väter und berücksichtigt zugleich die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts.
Das auf der ersten Stufe vorgesehene alleinige Sorgerecht der Mutter trägt dem Umstand Rechnung, dass Beziehungen von nicht miteinander verheirateten Eltern sehr vielgestaltig sind. Dadurch wird vermieden, dass Eltern eine gemeinsame Sorge auch dann aufgedrängt wird, wenn von ihr im Kindesinteresse unbedingt abgesehen werden sollte. Dies kommt sowohl bei flüchtigen Beziehungen als auch bei besonders konfliktbehafteten Beziehungen in Betracht.
• Wenn jedoch die Vaterschaft geklärt ist und der Vater durch eine Sorgeerklärung verdeutlicht, dass er Verantwortung für das Kind übernehmen will, erscheint auf der zweiten Stufe die Entstehung der gemeinsamen Sorge sinnvoll, wenn die Mutter innerhalb von acht Wochen keine Bedenken äußert. Dies vermeidet unnötige Gerichtsverfahren und bietet eine unbürokratische Lösung für alle Fälle, in denen letztlich beide Eltern darüber einig sind, dass eine gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.
• Auf der dritten Stufe ist eine Befassung des Familiengerichts hingegen immer dann sinnvoll, wenn die Mutter der gemeinsamen Sorge widerspricht. Stellt der Vater einen entsprechenden Antrag, muss aus dem unabhängigen Blickwinkel des Gerichts beurteilt werden, welche Lösung im Interesse des Kindeswohls liegt.
Obwohl sich die Bundesministerin der Justiz mit ihrem Kompromissvorschlag deutlich auf die Vorstellungen des Koalitionspartners zu bewegt hat, konnte bislang keine Einigung erreicht werden.