Eine unabhängige Justiz bleibt in Russland ein leeres Versprechen - das Urteil gegen Michail Chodorkowskij soll dikiert gewesen sein
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Demokratie und eine unabhängige Justiz wird den Russen seit vielen Jahren versprochen. Auf das Einlösen dieses Versprechens werden die Russen aber noch (wie lange?) warten müssen. Es sind nichts mehr als leere Worte, wenn Präsident Medwedjew dieser Tage erklärt, den Menschenrechtsrat beim Staatsoberhaupt die Verfahren überprüfen zu lassen. Aber wie wichtig wäre für die Fortentwicklung des Landes eine unabhängige funktionierende Justiz!
Wie heute ist in der FAZ S. 5 (leider kein Link möglich) zu lesen ist, soll laut einem Interview der Pressesprecherin des Gerichts den Schuldspruch im zweiten Prozess gegen Michail Chodorkowskij im Dezemberim nicht der Richter, der den Prozess führte, sondern die höhere Instanz abgefasst haben. Das mögen sich sicher viele schon gedacht haben, als sie das Prozessgeschehen verfolgten. Der Richter sei vor der Urteilsverkündung mehrmals von der übergeordneten Instanz, dem Moskauer Stadtgericht, einbestellt und dort unter Druck gesetzt worden. Der Richter sei genauestens kontrolliert worden und habe Anweisungen erhalten, wie er vorzugehen habe. Zunächst habe er ein Urteil verfasst, das dem Stadtgericht nicht genehm gewesen sei. Deshalb sei dort ein anderes Urteil verfasst worden, dass er dann habe verkünden müssen. Das sei auch der Grund für die Verschiebung der Urteilsverkündung von Mitte auf Ende Dezember gewesen.
Allerdings: Der Richter weist diese Äußerungen der Pressesprecherin seines Gerichts als unwahr zurück. Er kündigte an, er werde sie verklagen. Ich glaube nicht, dass wir über diesen Prozess irgendetwas erfahren werden, und wenn ja, kann ich mir denken, wie er ausgeht.