Streikrecht für Beamte
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Auch Beamte dürfen streiken. Das hat bereits im vergangenen Jahr in einer von der Fachöffentlichkeit weitgehend unbemerkt gebliebenen Entscheidung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschieden (EGMR vom 21.04.2009 - 68959/01, NZA 2010, 1423). Zwar sei das Streikrecht durch Artikel 11 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht absolut geschützt und könne beschränkt werden. Es sei daher mit der Konvention vereinbar, Streiks von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu verbieten, die im Namen des Staates Hoheitsgewalt ausüben (also zB Polizeibeamte oder Richter). Ein allgemeines Streikverbot für Angehörige des öffentlichen Dienstes (also zB auch für Lehrer und andere Beamte ohne hoheitliche Aufgaben) sei demgegenüber unverhältnismäßig und entspreche keinem dringenden sozialen Bedürfnis.
Auf dieser Basis hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 15.12.2010 (31 K 3904/10.O) eine Geldbuße gegen eine beamtete Realschullehrerin aufgehoben. Die Bezirksregierung Köln hatte gegen die Klägerin im Rahmen einer Disziplinarverfügung eine Buße in Höhe 1500 Euro verhängt, weil sie im Januar und Februar 2009 an drei Tagen an Warnstreiks der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft teilgenommen hatte.
Zur Begründung führte der Vorsitzende in seiner mündlichen Urteilsbegründung aus: Bei der Teilnahme an den Warnstreiks handele es sich zwar um ein Dienstvergehen, weil es zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehöre, dass Beamte nicht streiken dürften (Art. 33 Abs. 5 GG). Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg verstoße die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegen bestimmte Beamtengruppen, insbesondere Lehrer, wegen Teilnahme an Streiks jedoch gegen die in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Koalitionsfreiheit. Diese Rechtsprechung sei im Rahmen der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Disziplinarrechts zu berücksichtigen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat die Kammer die Berufung gegen das Urteil beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zugelassen.
Siehe dazu auch die Presseberichte.