CGZP nicht tariffähig
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist nicht tariffähig. Sie kann keine Tarifverträge abschließen. Das hat heute der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden (Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10). Schon in den Vorinstanzen hatten das ArbG Berlin und das LAG Berlin-Brandenburg festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Die dagegen gerichteten Rechtsbeschwerden hat das BAG zurückgewiesen. Die CGZP ist keine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG, weil sich ihre Mitgliedsgewerkschaften (CGB, DHV und GÖD) nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen haben. Außerdem gehe der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus.
In seiner Pressemitteilung führt das BAG zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass Tarifverträge auf Arbeitnehmerseite nur von einer tariffähigen Gewerkschaft oder einem Zusammenschluss solcher Gewerkschaften (Spitzenorganisation) abgeschlossen werden können. Solle eine Spitzenorganisation selbst als Partei Tarifverträge abschließen, müsse das zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehören (§ 2 Abs. 3 TVG). Dazu müssten die sich zusammenschließenden Gewerkschaften ihrerseits tariffähig sein und der Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies sei nicht der Fall, wenn die Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen durch die Spitzenorganisation auf einen Teil des Organisationsbereichs der Mitgliedsgewerkschaften beschränkt werde. Zudem dürfe der Organisationsbereich einer Spitzenorganisation nicht über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinausgehen.
Alleinige satzungsmäßige Aufgabe der CGZP war der Abschluss von Tarifverträgen mit Arbeitgebern, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreiben wollen. Für diesen Bereich sind Tarifverträge auch für Nichtgewerkschaftsmitglieder von Bedeutung. Nach § 9 Nr. 2 AÜG haben Leiharbeitnehmer während der Zeit ihrer Überlassung an einen Entleiher Anspruch auf die dort geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Von diesem Gleichbehandlungsgebot kann zu Lasten der Leiharbeitnehmer nur durch einen Tarifvertrag oder aufgrund vertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag abgewichen werden.
Die Konsequenzen des Beschlusses sind weitreichend:
- Die von der CGZP abgeschlossenen "Tarifverträge" sind keine Tarifverträge im Rechtssinne.
- Die auf diesen "Tarifverträgen" oder ihrer Inbezugnahme im Arbeitsvertrag basierende Abweichung vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern und Stammkräften ("equal pay" und "equal treatment") ist unwirksam.
- Den Leiharbeitnehmern stehen rückwirkend der gleiche Lohn und die gleichen übrigen Arbeitsbedingungen wie den Stammkräften zu.
- Schuldner dieser individualrechtlichen Ansprüche ist (nur) das Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher).
- Bislang ungeklärt ist, ob die Ansprüche der Leiharbeitnehmer auf Gleichbehandlung denjenigen Ausschlussfristen unterliegen, die für die Stammkräfte nach dem für sie einschlägigen Tarifvertrag Anwendung finden. Sicher ist demgegenüber, dass Ausschlussfristen (Verfallklauseln) in den CGZP-Tarifverträgen nicht zu beachten sind.
- Jedenfalls ist hinsichtlich in der Vergangenheit begründeter Ansprüche die allgemeine (dreijährige) Verjährungsfrist zu beachten.
- Gegenüber den Sozialversicherungsträgern haften auch die Entleiher (wie ein selbstschuldnerischer Bürge) für die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile!); die Verjährungsfrist beträgt insoweit vier Jahre. Tarifliche Ausschlussfristen erfassen diese Ansprüche nicht.