Entschärfung der Betriebskostenspiegel
Gespeichert von Dr. Klaus Lützenkirchen am
Der Deutsche Mieterbund (www.dmb.de), aber auch örtliche Mietervereine haben der Praxis in den letzten Jahren einen Betriebskostenspiegel zur Verfügung gestellt. Die Veröffentlichungen suggerieren dabei eine differenzierte Betrachtungsweise, weil nicht nur nach Bundesländern, sondern oftmals sogar nach örtlichen Gegebenheiten unterschieden wird und für die einzelnen Positionen eine Spanne ausgewiesen wird.
Diese Orientierungshilfen veranlassten einen großen Teil der Rechtsprechung, die Darlegungs- und Beweislast im Prozess für den Vermieter zu verschärfen. Insoweit ist klar, dass der Vermieter die Voraussetzungen seines Anspruchs auf Zahlung der Betriebskosten dem Grunde und der Höhe nach darzulegen und zu beweisen hat (BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 27/07, WuM 2008, 284). Sobald jedoch eine (angebliche) Abweichung vom Betriebskostenspiegel zu Lasten des Mieters vorliegen sollte, sollten erhöhte Anforderungen an diese Darlegungs- und Beweislast gestellt werden können (Langenberg, Betriebskostenrecht, 4. Aufl., K 23; Schmidt/Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 560 Rz 126; AG Bonn v. 10.12.2004 - 5 C 156/04; LG Magdeburg v. 25.5.2007 - 1 S 60/07 – jew. zitiert nach juris; AG Köln v. 28.7.2009 - 201 C 111/09, ZMR 2009, 933; AG Aachen v. 14.8.2009 – 116 C 23/09, WuM 2010, 425).
Diese, im Wesentlichen durch die Veröffentlichung falscher Entscheidungen begründete herrschende Meinung hat der BGH nun – fast unbemerkt – verworfen (BGH v. 11.8.2010 – VIII ZR 45/10). Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, wann ein Vorwegabzug bei gemischter Nutzung notwendig ist. Insoweit besteht eine Darlegungslast des Mieters, die er notfalls durch einen Auskunftsanspruch gegen den Vermieter realisieren kann (BGH v. 25.10.2006 - VIII ZR 251/05, NJW 2007, 211). Dieser Darlegungslast kann der Mieter – so der BGH – sich nicht durch den Hinweis auf einen Mietspiegel entledigen. Vielmehr muss er die konkreten Verhältnisse ermitteln und vortragen.
Dies ist nicht nur richtig, sondern auch wichtig. Die bisher hM war durch nicht zu rechtfertigen. Niemand kontrolliert, wie die Betriebskostenspiegel entstehen und ob sie wirklich repräsentativ sind. Deshalb erschöpft sich ihr Zweck in dem was sie sind: eine Orientierung für den Mieter, ob die von seinem Vermieter berechneten Kosten im vernünftigen Rahmen liegen. Weichen die Ansätze in der Abrechnung von den Werten des Betriebskostenspiegels ab, hat der Mieter Anlass zu weiteren Recherchen, nicht aber der Vermieter die Pflicht, eine Abweichung zu erläutern, die er selbst nicht erklärten kann, weil er nicht weiß, wie die Werte eines Betriebskostenspiegels zustande kommen.