Protokoll über Verkündungstermin gefälscht?
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Der Verkündungstermin, oft bespöttelt, gerät nur selten in das Blickfeld obergerichtlicher Entscheidungen. Gemäß § 165 ZPO kann die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
Genau über einen solchen Fall der behaupteten Fälschung hatte jetzt der BGH zu entscheiden.
VT war auf den 14.12.2007 bestimmt gewesen. Unter diesem Datum ist laut Protokoll "ein Urteil des aus der Anlage ersichtlichen Inhalts" verkündet worden. Das Protokoll ist von dem Abteilungsrichter M., der von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgesehen hat, unterschrieben. In den Akten ist nach dem Protokoll ein aus Rubrum und Tenor bestehendes Anerkenntnis- und Schlussurteil eingeheftet, das von dem Richter unterschrieben ist und den Vermerk "verkündet am 14. Dezember 2007, S. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle" trägt.
Das mit Gründen versehene Urteil ist am 26. Mai 2008 (!) zur Geschäftsstelle gelangt. Es wurde dem Beklagten am 29. Mai 2008 zugestellt.
Später kam es im Hinblick auf die Berufungsbegründungsfrist zum Streit:
§ 520 II ZPO: Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Der Beklagte behauptet: Am 14.12.2007 ist nichts verkündet worden, das Protokoll eine Fälschung. Der OLG Brandenburg verwarf die Berufung, der BGH hob den Beschluss auf die Rechtsbeschwerde auf.
Der BGH stellt eine auffällige Ähnlichkeit der Unterschriften von Richter und Urkundsbeamtin S. und einige merkwürdige Antworten des Richters auf telefonische Nachfragen des Anwalts fest.
Abschließend meint der Senat:
Insgesamt ist der Vortrag des Beklagten, das Urteil sei entgegen den Angaben im Verkündungsprotokoll nicht am 14. Dezember 2007 verkündet worden, so hinreichend substantiiert, dass das Berufungsgericht, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, dem Antrag auf Vernehmung der Justizhauptsekretärin S. und des Richters am Amtsgericht M. als Zeugen hätte nachgehen müssen.
Mir schwant Böses…
BGH v. 26.05.2010 - XII ZB 205/08