Wenn der Anwalt keine Ahnung hat, muss er haften
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Ein Ehepaar will sich scheiden lassen. Sie hat es eilig, denn sie ist von einem anderen Mann schwanger und möchte nicht, dass das Kind während der bestehenden Ehe zur Welt kommt. Mit ihrem Ehemann ist sie sich einig, dass Zugewinn und Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden sollen.
Ihr Anwalt erklärt, die notarielle Vereinbarung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nach § 1408 II 2 BG a.F. verzögere die Scheidung um ein Jahr. Auf die naheliegende Möglichkeit des § 1587 o II 3,4 BGB a.F. weißt er aus Unkenntnis nicht hin.
Für die Ehefrau ergibt sich durch diese Falschberatung ein in Wirklichkeit nicht bestehender Zielkonflikt (schnelle Scheidung oder Ausschluss des Versorgungsausgleichs). Sie entscheidet sich für die schnelle Scheidung, im Versorgungsausgleich werden Rentenanwartschaften in Höhe von 134,37 € monatlich von ihrem Konto auf das ihres Ehemannes übertragen. Der Anwalt unternimmt nichts
Der BGH hat den Anwalt letztinstanzlich zur Zahlung von 29.385,11 € auf das Rentenversicherungskonto der Frau, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche auf Zugewinnausgleich, verurteilt. Die 29.385, 11 € entsprechen einer Rente von 134,37 €. Die abzutretenden Zugewinnausgleichsansprüche sind wertlos, da verjährt.
BGH Urteil vom 15.04.10 - IX ZR 223/07, FamRZ 2010, 1154 = NJW 2010, 1961