EGMR: Deutsches Nichtehelichenerbrecht verstößt gegen Europarecht
Gespeichert von Dr. Claus-Henrik Horn am
Kinder von Vätern, die mit der Kindesmutter nicht verheiratet waren und vor dem 01.07.1949 geboren wurden, sind dem deutschen Erbrecht zufolge nach dem Vater weder erb- noch pflichtteilsberechtigt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht zuletzt am 20.11.2003 die Verfassungsmäßigkeit festgestellt hat (1 BvR 2257/03), hat jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass diese Benachteiligung gegen das Diskriminierungsverbot des Ar. 14 i.V.m. Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt (29.05.2009 - Brauer/Deutschland - Bsw. Nr. 3.545/04).
Im Gegensatz dazu sind nichteheliche Kinder schon immer nach der Mutter erb- und pflichtteilsberechtigt. Das Gleiche gilt für nichteheliche Kinder nach dem Vater, wenn sie nach dem 01.07.1049 geboren wurden (bei Erbfällen ab dem 01.04.1998).
Bis Ende August 2009 hätte die Bundesregierung reagieren müssen, was nach meiner Kenntnis nicht erfolgt ist. Daher hat jetzt der Große Senat des EGMR zu entscheiden.
Deutschland ist aufgerufen, sein Erbrecht zu ändern. Der EGMR kann aber nicht deutsche Gesetze für nichtig erklären.
Es ist nicht auszuschließen, dass nachträglich nichtehelichen Kindern ein Erbrecht gesetzlich geschaffen wird. Alte Erbfälle wären neu aufzurollen; Erben und Erbquoten können sich ändern. Erbscheine sind dann einzuziehen. Vielleicht steht damit die nächste Erbrechtsreform schon vor der Tür, wo die derzeitige am 01.01.2010 in Kraft tritt.