BGH erhöht Haftungsrisiko für Compliance Officer
Gespeichert von Dr. Ulrike Unger am
Der BGH hat in seinem Urteil vom 17.07.2009 (Az 5 StR 394/08) einen Leiter einer Rechtsabteilung und Revision wegen Beihilfe zum Betrug durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Dieses Urteil hat auch wesentliche Bedeutung für das persönliche Haftungsrisiko von Compliance Officern.
Für eine Strafbarkeit durch Unterlassen muss eine Pflicht zum Handeln bestehen (sog. Garantenpflicht). Der BGH bejahte das Vorliegen einer Garantenstellung wegen der Stellung des Angeklagten als Leiter der Rechtsabteilung und der Innenrevision einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Garantenpflicht folge aus der Überlegung, dass denjenigen, dem Obhutspflichten für eine bestimmte Gefahrenquelle übertragen seien, dann auch eine „Sonderverantwortlichkeit“ für die Integrität des von ihm übernommenen Verantwortungsbereichs treffe. Maßgeblich sei die Bestimmung des Verantwortungsbereichs, den der Verpflichtete übernommen habe.
Das Gericht erwähnt in seinem Urteil explizit auch Compliance Officer in Unternehmen:
„ … Deren Aufgabengebiet ist die Verhinderung von Rechtsverstößen, insbesondere auch von Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden und diesem erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken oder Ansehensverlust bringen können (vgl. Bürkle in Hauschka aaO S. 128 ff.). Derartige Beauftragte wird regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 StGB treffen, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern. Dies ist die notwendige Kehrseite ihrer gegenüber der Unternehmensleitung übernommenen Pflicht, Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu verhindern (vgl. Kraft/Winkler CCZ 2009, 29, 32). …“
Das Aufgabengebiet eines Compliance Officers wird damit vom BGH sehr weit verstanden. Er soll dafür einstehen, dass Straftaten im Unternehmen nicht vorkommen. Dies wird in der Praxis sehr schwer zu erreichen sein. Auch das beste Compliance-System wird nicht verhindern können, dass Unternehmensangehörige Straftaten begehen. Aufgabe von Compliance - und auch eines Compliance Officers - muss vielmehr darin bestehen, organisatorische Voraussetzungen zu schaffen, um das Haftungsrisiko für Unternehmen und Unternehmensleiter zu verringern.
Fazit: Konsequenz der Entscheidung für Compliance Officer ist, darauf zu achten, dass ihre Zuständigkeit, Aufgaben und Befugnisse klar geregelt werden. Dies kann etwa im Arbeitsvertrag oder einer Stellenbeschreibung erfolgen. Zudem zeigt das Urteil das mögliche persönliche Haftungsrisiko eines Compliance Officers auf, der gut beraten ist, gegenüber seinem Arbeitgeber auf haftungsbeschränkende Maßnahmen für seine Person zu drängen.