BVerfG: Beweismittel können auch nach rechtswidriger Wohnungsdurchsuchung verwertet werden - Wichtig: In erster Linie sind die Fachgerichte für die Entscheidung über ein Verwertungsverbot zuständig
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Bei der Durchsuchung einer der Wohnungen des Beschwerdeführers, die dieser gemeinsam mit anderen Personen bewohnte, fanden die Ermittlungspersonen in einem dem Beschwerdeführer zuzuordnenden Zimmer Haschisch in nicht geringer Menge sowie zwei Feinwaagen. Dies führte dazu, dass der Beschwerdeführer wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Das Gericht verneinte ein Beweisverwertungsverbot mit der Begründung, dass dieses nur aus übergeordneten Gründen im Einzelfall anzunehmen sei. Die Revision des Beschwerdeführers blieb ohne Erfolg. Er zog daraufhin vor das BVerfG.
Fachgerichte in erster Linie für Entscheidung über Verwertungsverbot zuständig
Die Verwertung der bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das BtmG verstoße nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG, so die Verfassungsrichter. Zwar habe die Anordnung und Durchführung der Durchsuchung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzt. Es bestehe aber kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre. Für die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften habe und ob hierzu insbesondere ein Beweisverwertungsverbot zähle, seien in erster Linie die Fachgerichte zuständig. Diese gingen in gefestigter, willkürfreier Rechtsprechung davon, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß bei der Beweisgewinnung ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich ziehe, fremd sei, und dass die Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden sei.
Grundsätze zu Beweisverwertungsverbot beachtet
Ein Beweisverwertungsverbot bedeute eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen sei, betont das BVerfG. Insbesondere die willkürliche Annahme von Gefahr im Verzug oder das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers könnten danach ein Verwertungsverbot nach sich ziehen. Die Gerichte hätten im vorliegenden Fall die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ausreichend beachtet. Insbesondere haben sie laut BVerfG die Schwere der Grundrechtsverletzung bei der Durchsuchung in ihrer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und der Wahrheitsermittlung im Strafverfahren wegen des Verbrechenstatbestandes des § 29a Abs. 1 BtMG angemessen berücksichtigt. Es liege auch kein Verstoß gegen das Recht des Beschwerdeführers auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vor. Denn es gebe keine Anhaltspunkte für eine willkürliche, den Fairnessgrundsatz ignorierende Handhabung der strafprozessualen Grundsätze über Beweisverwertungsverbote.