Polizeiliche Blutprobenentnahme: Stellungnahme eines "Bereitschaftsdienstrichters" bei jurabilis
Gespeichert von Carsten Krumm am
Die Diskussion um den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO ist in vollem Gange (letzte Blogbeiträge hierzu: SENSATION! OLG Hamm bejaht Beweisverwertungsverbot nach polizeilich angeordneter Blutprobe und Beweisverwertungsverbot nach Blutprobenentnahme - Sollte der Richtervorbehalt nicht besser abgeschafft werden?). Leider findet man selten offene Aussagen von den unmittelbar betroffenen Amtsrichtern und Polizisten. Im Jurabilis-Blog findet sich aber nun diese Stellungnahme eines "Bereitschaftsdienstrichters":
"...99% der Fälle, sind von der Antreffsituation eindeutig. Es kommt nur ein Beschuldigter als Fahrer in Betracht, so dass die Polizeibeamten überhaupt nicht in die Verlegenheit geraten, zwischen mehreren Personen auswählen zu müssen. Die Verdachtslage ist dann klar. Die Gefahr, "den Falschen" zu treffen, besteht nicht. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung darf man nicht vergessen, welch hohes Gut die Sicherheit im Straßenverkehr ist, verglichen mit dem äußerst geringfügigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Im Übrigen entnimmt ja auch nicht die Polizei das Blut, sondern ein Arzt ... Insofern begegnet es m.E. keinen durchgreifenden Bedenken, die Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft bzw. Polizei zu übertragen. Ich stimme dem Kollegen Krumm daher zu. Um allerdings die Bedenkenträger zu beruhigen und den Richtervorbehalt unangetastet zu lassen, ist auch eine andere Lösung denkbar, die im Ergebnis ebenfalls dazu führen dürfte, dass der Anruf beim Richter die Ausnahme bleibt: Die Polizei fragt den Beschuldigten, der (wie in den allermeisten Fällen) freiwillig ins Röhrchen gepustet hat, ob er auch mit einer Blutprobe einverstanden ist. Ist er dies, ist das Einverständnis entsprechend zu dokumentieren. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn er zu einer natürlichen Willensbildung nicht mehr in der Lage ist, etwa wegen höchstgradiger Alkoholisierung. Weigert sich der Beschuldigte, sich Blut abnehmen zu lassen, dann machen ihm die Beamten klar, dass man auch den Richter anrufen kann. Ein Großteil der Beschuldigten wird dann einknicken. In den restlichen Fällen klingelt eben das Bereitschaftsdiensthandy. Sollte Karlsruhe allerdings generell einen Anruf beim Richter verlangen, dann wird es pausenlos bei uns bimmeln. Wenn das BVerfG außerdem noch meinen sollte, dass der richterliche Eildienst 24 Stunden dauern muss, werden wohl viele Amtsrichter den Dienst quittieren, da sie schließlich nicht in einem Callcenter arbeiten wollen. Und für den Bürger wird das auch nicht nur vorteilhaft sein. Die Kehrseite der Medaille wäre nämlich, dass man während der Bereitschaftsdienstwochen nicht mehr terminieren würde, da man ja überhaupt nicht weiß, ob man in der Nacht vor meiner Sitzung ein Auge zutun kann. Erhebliche Verfahrensverzögerungen, gerade an kleineren Gerichten, wären die Folge. Dass eine solche Entscheidung dazu führen würde, dass endlich mehr Richter eingestellt werden, ist wohl nur ein Traum ... Die dummen Amtsrichter machen die unbezahlte Mehrarbeit schon und verzichten gerne auch auf ihren Schlaf."