US-Folter: Aufklärung ja, Strafverfolgung nein?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Wie schon vor 8 Tagen hier angesprochen, wird derzeit in den USA und in Spanien akut diskutiert, ob Folter-Verantwortliche vor Gericht gestellt werden sollen.
Zur Rekapitulation: Es geht bei den Folterungen und Misshandlungen um grob drei Gruppen von potentiell Beschuldigten:
Die erste Gruppe sind die durch die Fotografien von Abu Ghraib im Jahr 2004 international bekannt gewordenen Soldaten und Soldatinnen, die Gefangene grob misshandelt, sexuell erniedrigt und missbraucht hatten. Nach ihren Angaben geschah dies auf Anweisung, jedenfalls aber unter Duldung dortiger CIA und Militärpolizeiangehöriger, um die Gefangenen für Vernehmungen gefügig zu machen. Diese Gruppe von Beschuldigten - also solche auf der niedrigsten Hierarchiestufe - wurden schon vor einigen Jahren in den USA disziplinarisch und strafrechtlich belangt.
Die zweite Gruppe sind CIA und DIA-Angehörige, die im Zuge des „war on terror" selbst Entführungen, Misshandlungen und Folter gegen Gefangene anwendeten, unter explizitem Verstoß gegen internationales Recht. Mindestens ein Todesfall, der beim „Verhör" durch einen CIA-Agenten verursacht wurde, ist bekannt. Die Methoden entsprachen denjenigen der vorgenannten Gruppe, und gingen bis hin zum berüchtigten waterboarding, allerdings gab es einen wesentlichen Unterschied: Diese Geheimdienstleute hatten sich ihre Aktionen von der Bush-Regierung ausdrücklich autorisieren lassen und diese Autorisierung ist heute insofern bestätigt worden, als dass Präsident Obama eine strafrechtliche Verfolgung dieser ausführenden Organe der Geheimdienste ausschloss.
Nun steht noch eine dritte Gruppe zur Debatte: Diejenigen, die die Foltermethoden autorisierten bzw. anordneten. Es handelt sich um einen kleinen Kreis von juristischen Beratern der Bush-Regierung, dem sogenannten „war council" und den von ihnen beratenen Ministern, dem Präsidenten und seinem Vize Cheney. Gegen diese Angehörigen der Bush-Regierung wurde sowohl in Deutschland als auch in Spanien Strafanzeige erstattet. Im spanischen Verfahren hat sich heute der Generalstaatsanwalt gegen ein Strafverfahren ausgesprochen. Es ist fraglich, ob sich der Richter Garzon (bekannt geworden durch das Pinochet-Verfahren)an diese Empfehlung halten wird.
In Deutschland hat die Bundesanwaltschaft vor einigen Jahren u.a. mit der Begründung, die US-amerikanische Justiz habe Vorrang, ein Ermittlungsverfahren gegen Rumsfeld u.a. abgelehnt.
Ob in den USA ein Verfahren gegen diese Angehörigen der Vorgängerregierung jemals eingeleitet wird, erscheint heute sehr fraglich.
Immerhin hat die Obama-Regierung heute einige Memoranden veröffentlicht, die bisher geheimgehalten wurden.
Es zeichnet sich eine gewisse Tendenz ab: Aufklärung ja, Strafverfolgung nein.