Eine Sängerin der Gruppe "No Angels" wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft, weil sie einen Mann mit HIV angesteckt haben soll
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Die Meldung geht seit gestern groß durch die Medien: Eine Sängerin der Gruppe „No Angels" soll mit drei Männern ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt haben, obwohl sie von ihrer Infektion wusste. Einer der drei Männer sei vermutlich angesteckt worden. In einem Test soll nun geklärt werden, ob das Virus von ihr stammt. Die Musikerin ist am späten Samstagabend kurz vor einem Soloauftritt in einer Frankfurter Diskothek verhaftet worden. Haftgrund: Wiederholungsgefahr, § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO.
Die Strafbarkeit ungeschützten Verkehrs eines HIV-Infizierten mit einem gesunden, über die Infektion nicht informierten Partner wurde Ende der 80-ziger Jahre intensiv diskutiert. Die Antworten reichten vom versuchten Tötungsdelikt bis zur grundsätzlichen Straflosigkeit. In dem Meinungsspektrum bezog die „Aids-Entscheidung" BGHSt 36, 1 = NJW 1989, 781 eine mittlere Position: gefährliche bzw. versuchte gefährliche Körperverletzung („mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung", § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB), deren Elastizität der BGH noch damit unterstrich, dass er die tatrichterliche Domäne bei der Feststellung des (bedingten) Körperverletzungsvorsatzes unterstrich.
Übrigens: Rechtlich begegnet uns in neuem Gewand wieder im Blog das Täterschaftsproblem, nämlich die Frage, ob der Gedanke der Selbstgefährdung des mit dem Geschlechtsverkehr einverstandenen und seinen Eigenschutz vernachlässigenden Partner einer Strafbarkeit entgegensteht.