a.i.d.a. und der bayerische Verfassungsschutz, was steckt dahinter? mit Update 6. August 2009
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Im neuen Bericht des bayerischen Verfassungsschutzes wird das Archiv "a.i.d.a." (= Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V.) als "sonstige Linksextremisten" eingestuft. Der Bayerische Innenminister Hermann nahm dies zum Anlass, dem Bayerischen Jugendring (BJR) die Zusammenarbeit mit diesem Archiv im Rahmen der dort angesiedelten Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus einzustellen (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 31.03.2009).
Was steckt dahinter? Das Archiv wurde mehrfach preisgekrönt, u.a. zeichneten 2008 die Landeshauptstadt München, der Ausländerbeirat München sowie der Verein Lichterkette a.i.d.a. mit dem "Förderpreis Münchner Lichtblicke" aus. Vertreter des Archivs saßen in der Vergangenheit sogar mit Polizeibeamten an einem Tisch (Quelle: Zündfunk-Sendung des BR, 1. April 2009). Nun könnte man meinen, dass der Verfassungsschutz bei einer solchen Organisation besondere Mühe darauf verwendet, den Vorwurf der verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu belegen. Im oben verlinkten Bericht wird a.i.d.a. genau 3 mal erwähnt, 2 mal (auf S. 139 und auf S.205) als Ziel der Attacke eines rechtsextremen Aufmarsches (also als potentielles Opfer), und 1 mal auf S. 208, wo a.i.d.a. als "Sonstige Linksextremisten" in einer Liste erscheint. Von einer näheren Begründung, welche verfassungsfeindlichen Bestrebungen von a.i.d.a. ausgingen, steht da nichts, nada, niente.
Die Süddeutsche (oben verlinkt) hat sich die Mühe gemacht nachzufragen, was der Grund für die neue Einschätzung ist. Dabei kamen folgende Argumente eines Sprechers des Innenministers:
a.i.d.a. habe andere bereits bekannte linksextreme Organisationen auf seiner Homepage verlinkt
a.i.d.a. werde von seit Jahren bekannten Linksextremisten betrieben (von den Aktionen, die diese als Linksextremisten ausweisen, wiederum nichts im Bericht)
Zudem wurde in dem Brief an den BJR ein konkreter Vorwurf erhoben, den ich hier aus dem SZ-Artikel wiedergeben möchte:
"Außerdem wird kritisiert, dass bei einer Veranstaltung, bei der ein Aida-Mitglied als Referent geladen war, ein privat anwesender Verfassungsschützer zum Verlassen des Saales aufgefordert wurde."
Ein VS-Mitarbeiter war angeblich "privat" auf dieser Veranstaltung. Er wurde dann - offenbar von den Veranstaltern - des Raums verwiesen, möglicherweise weil sie sich eine (sich jetzt bewahrheitende und die Einstufung des Besuchs als "privat" als vorgeschoben ausweisende) Beobachtung durch den Geheimdienst nicht gefallen lassen wollten. Dies nimmt der Verfassungsschutz zum Anlass, eine Organisation, deren Referent auf dem Podium sitzt, nunmehr als linksextremistisch einzuschätzen.
Sollte sich hier eine "private" Racheaktion des Verfassungsschutzmitarbeiters als der wahre Hintergrund der Einstufung als linksextremistisch herausstellen? Das kann nicht wahr sein, denn das wäre ja ein eklatanter Missbrauch der dem Verfassungsschutz eingeräumten Rechte, eines Rechtsstaats kaum würdig.
Update (6.8.2009) in Kommentar #3.