Die Lust am Vollrausch: Tod nach 45 Tequilas
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Das Phänomen ist bekannt, die Zahlen alarmierend: Sich besinnungslos zu trinken, ist bei vielen jungen Leuten angesagt. Im Jahr 2007 mussten 23.165 junge Leute im Alter zwischen zehn und 20 Jahren zur Ausnüchterung in Kliniken gebracht werden, im Schnitt 63 am Tag. Erstmals mussten dabei mehr Mädchen (1942) als Jungen (1837) im Alter zwischen zehn und 15 Jahren mit dem Rettungswagen abtransportiert worden - die Zahl der volltrunkenen Mädchen hat sich seit 2000 verdoppelt! Die Gesundheitspolitik ist gefordert; Informationskampagnen laufen. Aber reicht das, um dem Komasaufen entschieden entgegenzutreten ?
Seit Mittwoch hat sich in Berlin ein 28 Jahre alter Gastwirt wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu verantworten (Video vom Prozessauftakt). Vorgeworfen wird ihm, am frühen Morgen des Simon 20.2.2007 in seinem Lokal mit einem 16 Jahre alten Gymnasiasten um die Wette getrunken zu haben. Während der Angeklagte vor allem Wasser trank, habe er den Schüler 45 Gläser Tequilas trinken lassen. Mit 4,4 Promille fiel der Jugendliche ins Koma und verstarb am 29.3.2007, ohne aus dem Koma erwacht zu sein (Bericht auf SPIEGEL ONLINE).
Rechtlich geht es um die Konstellation der mittelbaren Täterschaft eines Angeklagten - der nur wahrheitswidrig vorgibt, um die Wette mitzutrinken - bei einem wegen Selbstverletzung tatbestandslos handelnden Werkzeug. Der Schüler verwirklicht kein Körperverletzungs- (auch kein Tötungs-)delikt, da die Tatbestände nur bei Verletzung /Tötung "eines anderen" eingreifen. Für den Veranlasser/Förderer liegt dagegen eine tatbestandsmäßige Fremdverletzung/Fremdtötung vor. Die Strafbarkeit als mittelbarer Täter wird aber nicht schon durch die Tatbestandslosigkeit des selbsttötenden Verhaltens des Opfers begründet, sondern muss mit der Tatherrschaft des Veranlassers/Förderers begründet werden.