VG Berlin: Polizei darf Geld zum Drogenkauf trotz Freispruchs im Strafverfahren sicherstellen
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Nachdem das VG Braunschweig mit Beschluss vom 18.01.2007 - 5 B 332/06, BeckRS 2007, 20938, die präventiv-polizeiliche Sicherstellung eines Bargeldbetrags trotz Freigabe durch die Staatsanwaltschaft für zulässig erklärt hat, sofern der Betrag das zum Lebensunterhalt erforderliche übersteigt und ein Zusammenhang zwischen dem sicherzustellenden Geld und den dem Betroffenen vorgeworfenen und in Zukunft zu befürchtenden Delikten besteht, hat nunmehr das VG Berlin mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 28.2.2008 - VG 1 A 137.o6, Becklink 256500, entschieden , dass die Polizei Bargeld, das zum Kauf von Drogen verwendet werden soll, zum Zweck der Gefahrenabwehr auch dann sicherstellen darf, wenn der Besitzer in einem Strafverfahren (wegen eines Beweisverwertungsverbots) freigesprochen wurde.
Die Voraussetzungen für eine polizeiliche Sicherstellung nach § 38 Nr. 1 ASOG (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin) hätten hier zum Zeitpunkt der Maßnahme vorgelegen. Die Verwendung großer Summen Bargeldes zum Ankauf von Drogen und damit die drohende Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, selbst wenn das Geschehen noch nicht das Stadium des strafbaren Versuchs erreicht habe. Die Gefahrenprognose der Behörde sei fehlerfrei getroffen worden, auch wenn der Kläger im Strafverfahren freigesprochen worden sei. Das strafprozessuale Beweisverwertungsverbot gelte nicht automatisch auch für präventive Maßnahmen der Polizei zur Gefahrenabwehr. Vielmehr sei eine Abwägung erforderlich, die hier zugunsten des Schutzes der Volksgesundheit ausfalle. Die strafprozessuale Unschuldsvermutung gelte nicht im Bereich der Gefahrenabwehr.
Das VG Berlin hat wegen der grundsätzlich zu klärenden Frage der Verwertbarkeit rechtswidrig gewonnener Erkenntnisse aus Strafverfahren für Zwecke der Gefahrenabwehr die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.