Falsch eingesetzte Ein-Euro-Jobber müssen wie Arbeitnehmer bezahlt werden
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Das Urteil birgt Sprengkraft: Ein-Euro-Jobber, die nicht für "im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten" (§ 16d SGB II) eingesetzt werden, sondern reguläre Arbeitnehmer ersetzen, müssen auch wie diese bezahlt werden. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden (Urt. vom 13.04.2011 - B 4 AS 98/10 R).
JobCenter setzte den Arbeitslosen als Umzugshelfer bei der Stadt Mannheim ein
Der Kläger erhält seit dem Inkrafttreten des SGB II am 1.1.2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Mit Bescheid vom 24.03.2005 verpflichtete das beklagte JobCenter Mannheim den Kläger, für die Dauer von sechs Monaten gegen eine Mehraufwandsentschädigung von einem Euro pro geleisteter Arbeitsstunde einen sogenannten Zusatzjob als Bürohilfskraft bei der Stadt Mannheim auszuüben; die Stelle war jedoch bereits anderweitig vergeben. Daraufhin schlug das JobCenter dem Kläger am 06.04.2005 eine Arbeitsstelle als Umzugshelfer bei der Stadt Mannheim für vorbereitende Arbeiten für den Umzug des Fachbereichs Gesundheit vor. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte zugleich beim SG einstweiligen Rechtsschutz. Während des laufenden Eilverfahrens arbeitete der Kläger ab dem 25.04.2005 als Umzugshelfer und erhielt hierfür eine entsprechende Mehraufwandsentschädigung. Das JobCenter nahm im Verlauf des Eilverfahrens den Bescheid vom 24.03.2005 zurück. Am 18.05.2005 stellte der Kläger die Arbeit ein.
Arbeitsloser stellte die Arbeit ein und klagte auf Arbeitsentgelt
Eine vor dem Arbeitsgericht Mannheim gegen die Stadt Mannheim erhobene Klage auf Zahlung von Arbeitsentgelt wurde mit der Begründung abgewiesen, es habe kein Arbeitsverhältnis bestanden. Mit seiner danach beim Sozialgericht erhobenen Klage macht der Kläger u.a. geltend, die Arbeitsverpflichtung sei rechtswidrig gewesen, weil die beim Umzug des Gesundheitsamtes angefallene Arbeit nicht i.S. von § 16d SGB II "zusätzlich" gewesen sei.
Arbeitsloser kann Tariflohn verlangen, muss sich aber den Wert der Leistungen nach dem SGB II anrechnen lassen
Im Gegensatz zu den Vorinstanzen hat das BSG der Klage in Höhe der geltend gemachten 149,28 Euro stattgegeben. Dem Kläger stehe gegen das JobCenter ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Bei der Arbeitsgelegenheit, die vom Kläger wahrgenommen worden ist, fehlte das Merkmal der Zusätzlichkeit. Maßgebend für den durch diese nicht zusätzliche Tätigkeit bedingten Vermögensvorteil bei dem Beklagten sei, dass dieser durch die Schaffung der Arbeitsgelegenheit und die Zuweisung des Klägers an den Maßnahmeträger die Arbeitsleistung veranlasst habe. Hinsichtlich der Höhe des Erstattungsanspruchs könne der Kläger im Grundsatz das übliche Arbeitsentgelt nach dem Tarifvertrag für das Speditionsgewerbe verlangen. Hiervon seien jedoch die Grundsicherungsleistungen (namentlich Regelbedarf, Mehraufwandsentschädigung, Kosten der Unterkunft, zudem die Aufwendungen für die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) abzuziehen, die das JobCenter im fraglichen Zeitraum (25.04.2005 bis 18.05.2005) erbracht habe.