Fall Mollath - die Wiederaufnahmeanträge unter der Lupe

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 26.03.2013

Nachdem in der letzten Woche auch der Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft und eine Stellungnahme zum Antrag des Verteidigers Gerhard Strate zum Fall Gustl Mollath ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind, möchte ich hier eine Einschätzung zu diesen Dokumenten abgeben. Natürlich kann ein Blogbeitrag nicht die Anforderungen erfüllen, die man sonst an eine wissenschaftliche Anmerkung anlegt. In diesem Fall, der seit Monaten in der Öffentlichkeit und auch im Landtag diskutiert wird, halte ich es aber für legitim, eine solche Kommentierung zu versuchen, insbesondere weil durch die vorherige Verfahrensweise von Justiz und Politik nicht immer eine offene Debatte gewährleistet war.

Es ist schwierig, sich in den beiden jeweils weit über 100 Seiten langen Schriftsätzen mit komplexen Begründungen und eingeschobenen Zitaten zu orientieren. Die jeweilige Gliederung ist unübersichtlich. Im Folgenden werde ich mich deshalb an meiner eigenen durchnummerierten Aufstellung orientieren (V1-V12=WA-Antrag RA Strate, zit. nach Seitenzahlen des Antrags, S1-S4=WA-Antrag der Staatsanwaltschaft, zit. nach Blattzählung der Akte).

Überblick Strate-Antrag
Herr Strate führt insgesamt zwölf Sachverhalte an, davon sieben (V1 – V6 und V11), die eine Rechtsbeugung des VorsRiLG Brixner begründen sollen und damit den absoluten Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO, drei „neue Tatsachen“ i.S. d. § 359 Nr.5 StPO (V7, V8, V9), ein WA-Grund nach § 79 BVerfGG (V10), sowie eine Bemerkung zu den Gutachten im Vollstreckungsverfahren (V12).

Im Einzelnen:

V1. Die Nichteinräumung einer Erklärungsfrist nach § 225 a II 1 StPO (S. 6 ff., S. 34-36),

V2. Das Versäumnis, Herrn Mollath nach Festnahme unverzüglich einem Richter vorzuführen (S. 6 ff., 37-43)

V3. Nichtbearbeitung von Beschwerden in der Vollstreckung der vorl. Unterbringung (S. 6 ff., 44 – 48)

V4. Nichtbearbeitung der Beschwerde gegen den Unterbringungsbefehl (S. 6 ff., 49 – 51)

V5. Verweigerung des Widerrufs der Verteidigerbestellung ( S. 52 – 90)

V6. Manipulation der Gerichtsbesetzung (S. 91 – 94)

V7. Hauptverfahren ohne Eröffnungsbeschluss durchgeführt, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 95 – 105)

V8. Der Sonderrevisionsbericht der Hypo-Vereinsbank vom 17.03.2003, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 106 – 113)

V9. Der Sachverhalt um Dr. Wörthmüller und seinen Nachbarn, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 114 – 128)

V10. Beweisverwertung nach verfassungswidriger Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren vom 16.09.2004 als WA-Grund nach § 79 I BVerfGG (S. 129 – 133)

V11. Sachverhaltsverfälschungen in den Urteilsgründen als Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO (S. 134 – 135)

V12. Mängel in den Gutachten von Prof. Kröber und Prof. Pfäfflin (S. 136 – 139).

Überblick Antrag der StA

Die StA führt vier Sachverhalte an, die aus ihrer Sicht die Wiederaufnahme begründen:

S1. Die Unechtheit des ärztlichen Attests als Grund nach § 359 Nr.1 StPO (Bl. 202 – 207).

S2. Die Tatsache des Zustandekommens des Attests als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 208)

S3. Tatsachen, die die Glaubwürdigkeit der Zeugin Petra M. in Zweifel ziehen, als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 209 – 243)

S4. Die unter falschen Annahmen im Urteil behauptete Wahnausweitung als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 243 – 254)

Zu den von Strate angeführten Gründen nimmt die Staatsanwaltschaft in einem weiteren Schriftsatz Stellung, der dem Wiederaufnahmegesuch beigefügt ist.

Kommentar zu den Wiederaufnahmeanträgen

Nur ein Teil der Fehler in diesem Verfahren kommen als Wiederaufnahmegründe in Betracht. Deshalb finden sich auch nur wenige Ausführungen zum psychiatrischen Gutachten des Dr. Leipziger, in denen m. E. Fehler schlummern, die aber unmittelbar in der Wiederaufnahme keine Rolle spielen. Wenn also sowohl im Antrag Strates als auch in demjenigen der StA bestimmte Fehler unerwähnt bleiben, die bei Kenntnis der Akten auf der Hand liegen, dann heißt das nicht, dass sie nicht existieren – sie sind eben nur nicht rechtlich bedeutsam für die Wiederaufnahme. Das gilt auch für einen Teil der Gründe, die Herr Strate angeführt hat: Ihm ist ausdrücklich bewusst, dass etwa seine Bemerkungen zu den Gutachten Kröber und Pfäfflin (V12) zur Wiederaufnahme formal nichts beitragen, sondern eher colorandi causa Bedeutung haben (S. 134). Zudem muss ein Verteidiger auch solche Sachverhalte vortragen, die die Rechtsfolge zwar nicht mit Sicherheit begründen, aber die eine Chance haben, in der gerichtlichen Entscheidung zugunsten seines Mandanten berücksichtigt zu werden. Insofern ist auch klar, dass nicht alle von Strate vorgetragenen Sachverhalte und Würdigungen juristisch gleichermaßen überzeugen für eine Wiederaufnahme. Dies ist aber keine Kritik am Verteidigungsvorbringen, im Gegenteil.

Für den Antrag der Staatsanwaltschaft gelten etwas andere Maßstäbe. Die Regensburger Staatsanwälte hatten hier die durchaus heikle Aufgabe, Gründe für eine Wiederaufnahme zu finden und dazu auch Ermittlungen anzustellen, die zugleich möglicherweise gravierendes und rechtswidriges Fehlverhalten der Justizbehörden (Strafkammer des LG Nürnberg und verfahrensbeteiligte Staatsanwaltschaft) im Fall Mollath aufdecken. Insofern hat es die Regensburger Staatsanwälte in gewisser Weise „entlastet“, dass Herr Strate einige ganz wesentliche Verfahrensfehler bereits in seinem Antrag als Wiederaufnahmegründe nach § 359 Nr.3 StPO herausgestellt hat. Die von Strate selbst berichtete Arbeitsteilung (S. 5) hat die Staatsanwaltschaft insofern teilweise davon befreit, als „Nestbeschmutzer“ auftreten zu müssen. Denn natürlich haben die Staatsanwälte erkannt, was sie da vor sich haben: Eine geradezu skandalöse Verfahrensweise, an der nicht nur der VorsRiLG Brixner sondern auch Staatsanwälte beteiligt sind, die ihre gesetzliche Aufgabe nicht erfüllt haben, für ein ordnungsgemäßes Verfahren zu sorgen. Denn nicht nur die Strafkammer, auch die beteiligten Nürnberger Staatsanwälte waren offensichtlich der Ansicht, bei einem „Irren“ brauche man es mit den Verfahrensrechten nicht so genau zu nehmen, selbst wenn es um eine zeitlich unbefristete Einsperrung in der Psychiatrie und damit der zweitschärfsten Sanktion der Justiz geht. Dahinter steckt eine erschreckende Mentalität, deren Grundlage hoffentlich angesichts dieses Falls schon erschüttert worden ist. Vor diesem Hintergrund sind die Regensburger Staatsanwälte dafür zu loben, dass sie in ihrer Chronologie des Verfahrensablaufs bis zum Urteil (Bl. 164 – 170) und in ihrer Stellungnahme (Bl. 256 ff.) die Fehler, die Strate z.T. als Rechtsbeugung rügt, durchweg in der Sache bestätigen, wenn sie auch nicht in jedem Fall dieselbe Rechtsfolge daraus schließen. Wenn – wie Strate ausgeführt hat – und wie es jetzt auch durch die beiden Anträge bestätigt wird, die Anträge sich im wesentlichen gegenseitig ergänzen also nicht überschneiden sollten, dann kann man auch nicht kritisieren, die Staatsanwaltschaft habe sich auf die Gründe nach § 359 Nr. 5 StPO konzentriert.

Auch das, was in Kommentaren hier und im Blog von Frau Wolff zu lesen ist, dass der StA-Antrag alle Schuld auf Frau M. ablade und die Justiz bewusst verschone (als Plan B bezeichnet), ist m. E. nicht berechtigt. Im Rahmen eines staatsanwaltlichen Wiederaufnahmeantrags war eine Generalkritik der bayerischen Justiz samt Fehlereingeständnissen und eine Entschuldigung bei Herrn Mollath nicht zu erwarten – all dies ist der Zeit nach einer gerichtlichen Entscheidung vorbehalten, und auch darauf kann man derzeit nur hoffen.

Im Ergebnis stimmen die StA Regensburg und RA Strate insoweit überein: Das rechtskräftige Urteil gegen Mollath, also die Entscheidung, ihn nach § 63 StGB unterzubringen, ist aufzuheben.

Enttäuschend für viele Beobachter des Verfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft nicht beantragt, die Vollstreckung zu unterbrechen und Herrn Mollath sofort freizulassen (Bl. 255). Das wäre zwar insofern konsequent, wenn die Staatsanwaltschaft trotz der auch von ihr gesehenen Wiederaufnahmegründe dem Ergebnis einer neuen Hauptverhandlung nicht vorgreifen wollte. So erscheint es aber, als hielte sie es für möglich, dass eine neue Hauptverhandlung erneut eine Unterbringung des Herrn Mollath zum Ergebnis hätte. Dies ist aber nach derzeitigem Stand kaum zu erwarten. Denn die Beweismittel für zwei der Anlasstaten (Körperverletzung, Freiheitsberaubung) sind durch die Staatsanwaltschaft selbst derart in Zweifel gezogen, dass man eine erneute zweifelsfreie Feststellung derselben kaum annehmen kann, denn weitere Beweismittel sind nicht ersichtlich und ohne diese Straftaten lässt sich auch keine Unterbringung begründen. Mit der Beweiswürdigung hinsichtlich der dritten Anlasstat setzt sich keiner der beiden Anträge auseinander. Denn auch diese bietet Anlass für erhebliche Skepsis, ob die Sachbeschädigungen (Reifenstechereien) Herrn Mollath nachgewiesen werden können. Der Videofilm, der immerhin Anlass für eine Durchsuchung und zwei indizielle Feststellungen im Urteil war, wurde in der Hauptverhandlung gar nicht als Beweismittel eingeführt und wurde zudem an einem Datum aufgenommen, zu dem gar keine der angeklagten Taten begangen wurde. Diese „Sachverhaltsverfälschung“ erscheint mir sogar gravierender als diejenigen, die Strate (V11) anführt.

Zu der Stellungnahme der StA zum Strate-Antrag

Die StA nimmt hier zu jedem einzelnen Punkt Stellung, macht aber nur nähere Ausführungen, soweit sie anderer Ansicht ist als Strate.

Wer genau liest (Bl. 256 ff.), erfährt, dass die StA die Punkte V2, V3, V4 und V5 in der Sache genauso sieht wie Herr Strate. Lediglich hinsichtlich der subj. Begründetheit des Rechtsbeugungsvorwurfs äußert sich die StA nicht – hiervon ist sie ja auch quasi „entlastet“ (s.o.). Bei Punkt V1 (Verstoß gegen § 225 a StPO) wendet die StA Regensburg ein, hierin liege kein so bedeutsamer Verstoß, dass dies eine Rechtsbeugung begründe (Bl. 257). D.h. aber im Umkehrschluss: Die StA Regensburg hält die von Strate vorgetragenen Gründe V2, V3, V4 und V5 für so bedeutsam, dass der Sache nach eine vorsätzliche Rechtsbeugung Brixners auch aus ihrer Sicht naheliegt! Insbesondere dass Brixner entgegen Menschenrechten, Grundgesetz, Bay. Verfassung  und Strafprozessordnung Mollath wochenlang „schmoren“ lässt, bevor er ihn richterlich vorführen lässt bzw. einvernimmt, ist wohl auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft Regensburg ein so klarer Verstoß gegen richterliche Pflichten, dass objektiv Rechtsbeugung vorliegt.

Hinsichtlich V6 wendet die StA ein, eine vorsätzliche Manipulation der Gerichtsbesetzung aus sachfremder Motivation und damit ein vorsätzlicher Verfassungsverstoß lasse sich nicht nachweisen (Bl. 260).  

Juristisch sicherlich am interessantesten ist die Diskussion um die Frage, ob ein Eröffnungsbeschluss und damit eine Prozessvoraussetzung fehlt (V7, S. 95 ff.). Tatsächlich belegen die Akten, dass die Strafkammer ohne entsprechenden Antrag der StA ein „Sicherungsverfahren“ durchzuführen gedachte und demzufolge ein regulärer Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der Sachbeschädigungsvorwürfe fehlte. Strate wertet diesen Aktenfund als „neue Tatsache“, die belege, dass das Hauptverfahren insgesamt nichtig sei. Die StA bestätigt den von Strate dargestellten Sachzusammenhang (Bl. 265) ausdrücklich(!), meint aber trotzdem, die Kammer sei nicht der irrigen Ansicht gewesen, ein Sicherungsverfahren durchzuführen (Bl. 266 f.) – es soll also praktisch ein Fall der falsa demonstratio vorliegen. Die dafür angeführten Gründe überzeugen mich allerdings nicht. Das Hauptargument – nämlich dass der BGH schließlich auch nicht das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bemerkt habe (Bl. 267) – ist jedenfalls zurückzuweisen: Dieses Argument geht contra factum von einem „unfehlbaren“ BGH aus. Der BGH hat aber dieselben Akten vorliegen wie die StA Regensburg und hat offenbar nicht genau hingeschaut und deshalb das Verfahrenshindernis (wie alle Richter und Staatsanwälte vorher) „übersehen“. Insofern liegt die StA Regensburg falsch: Es hat keinen Eröffnungsbeschluss gegeben, ein Verfahrenshindernis lag vor! Jedoch habe auch ich Zweifel daran, ob dieses Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bzw. der gerichtliche Irrtum als „neue Tatsache“ im Sinne des § 359 Nr.5 StPO zu werten ist. Ohnehin ist umstritten, ob Prozesstatsachen überhaupt als Tatsachen i. S. d. § 359 Nr.5 StPO anzusehen sind. Ob „neu“ etwas sein kann, was allen Verfahrensbeteiligten zum Zeitpunkt der Urteilsfindung aus den Akten erkennbar war, kann zudem durchaus bezweifelt werden –  dies ist der Stellungnahme der StA Regensburg einzuräumen (Bl. 267). 

Zu V8 (Bl. 268 ff.) führt die StA aus, der Sonderrevisionsbericht der HVB sei zwar eine neue Tatsache, aber er begründe nicht die Wiederaufnahme, da weder der Gutachter noch das Gericht den Wahn des Herrn Mollath allein auf die Schwarzgeldverschiebungen, an denen seine Frau beteiligt war, bezogen hätten (Bl. 291). Mit dieser Wertung stimme ich nicht überein: Ich bin sicher, dass die Kenntnis des Revisionsberichts sowohl dem Gutachter als auch dem Gericht (objektiv) eine andere Wertung nahegelegt hätte. Daher stimme ich in diesem Punkt Herrn Strate zu: Der Sonderrevisionsbericht ist als erhebliche neue Tatsache zu werten!

Allerdings legt die StA mit ihrer eigenen Würdigung des Komplexes „Dr. Wörthmüller“( S4, Bl. 243 ff. bei Strate V9, S. 114 ff.) dar, dass die Wahnbeurteilung an einem anderen bedeutsamen Mangel leidet. Die Darlegung in S4 (Bl. 243 ff.) erscheint mir eine mustergültige Wiederaufnahmebegründung der Staatsanwaltschaft.

Hinsichtlich V10 (Bl. 291 ff.) schließt sich die Regensburger StA zunächst der Wertung der Augsburger StA an: Eine verfassungswidrige Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung habe nicht vorgelegen, deshalb auch kein Verwertungsverbot hinsichtlich der während der Beobachtung erzielten Erkenntnisse (Bl. 301). Ich bin hierzu anderer Auffassung: Es muss nicht erst ausdrücklich eine „Totalbeobachtung“ angeordnet werden. Eine (subjektiv empfundene, und darauf kommt es an!) Totalbeobachtung liegt dann vor, wenn ohne Einwilligung des Beobachteten und ohne dessen Wissen jegliche seiner Lebensäußerungen für das Gutachten verwertet werden können (!). Denn darüber, ob dies tatsächlich verwertet wird, hat der Untergebrachte keine Kontrolle. Ob dies allerdings als WA-Grund durchschlägt, ist eine andere umstrittene Frage, zu der ich mich ggf. später noch äußere.

Hinsichtlich V11 räumt die Staatsanwaltschaft ein, dass es die von Strate geschilderten (und mittlerweile jedem Interessierten bekannten) Sachverhaltsverfälschungen im Urteil gibt (Bl. 305). Allerdings würdigt sie dies anders als Strate nicht als Beleg für eine vorsätzliche Rechtsbeugung (Bl. 306). Der Vortrag Strates sei lediglich eine „Meinung“, eine „monströse Verfälschung“ sei in den Urteilsgründen nicht zu erkennen. Richtig ist, dass die Sachverhaltsverfälschungen für sich genommen einen Rechtsbeugungsvorwurf wohl nicht begründen könnten. Jedoch sind sie als Indizien dafür, wie der Vors. Richter in dieser Sache insgesamt verfahren ist, durchaus relevant: Der Richter war in der Sachverhaltsdarstellung nicht neutral, sondern hat sich hier offenbar von seiner schon längst vor der Hauptverhandlung bestehenden Vorfestlegung leiten lassen. Auch das wäre – wenn auch nicht allein mit diesen Gründen beweisbar – objektiv Rechtsbeugung.

UPDATE vom 27.03.2013

Nun ist schon gleich am nächsten Tag ein Update fällig. Vielen Beobachtern (zum Beispiel Oliver Garcia) war schon aufgefallen, dass der Fall Mollath Mittte des Jahres 2005 gleichsam "zum Stillstand" gekommen war - und dies, obwohl das psychiatrische Gutachten dem in Freiheit befindlichen Herrn Mollath eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit attestierte. Aber das AG leitete die Sache monatelang nicht an das nunmehr zuständige LG weiter. Dies geschah erst zum Jahreswechsel 2006. Dann verging zwischen Ausgangsstempel AG und Eingangsstempel StA (im Nachbargebäude) wiederum einige Zeit, bevor die Sache in der 7. Strafkammer des LG auf den Tisch kam und plötzlich auch Eile geboten war. Für die erstaunliche Verzögerung hatte bisher keiner eine plausible Erklärung. Wenn sich  nun die Erklärung bestätigt, die RA Strate anführt, dann ist dies nicht nur ein weiterer "handwerklicher Fehler", sondern dann zeigt sich eine (weitere) schlimme Manipulation in der Nürnberger Justiz. Nach Herrn Strates Deutung hängt die Verzögerung der Sache Mollath im Jahr 2005 damit zusammen, dass der RiAG den  neuen Geschäftsverteilungsmodus, der ab 1. Januar 2006 gelten sollte, abwarten wollte, um dann punktgenau den Fall Mollath der 7. Strafkammer unter Vorsitz Brixner zuzuspielen. Nachzulesen hier, ab Seite 33

UPDATE vom 09.04.2013/11.04.2013

Das LG Bayreuth hat in einer Pressemitteilung angekündigt, über die (weitere) Vollstreckung der Maßregel  im Fall Mollath noch im Verlauf des April zu entscheiden.

In dieser Entscheidung geht es NICHT um die Aufhebung des früheren Urteils, sondern darum, ob die Maßregel weiter zu vollstrecken ist oder ob sie für erledigt erklärt wird. Letzteres kann deshalb geschehen, weil das Gericht Herrn Mollath nicht (mehr) als gefährlich ansieht, weil es schon die ursprüngliche Einweisung als fehlerhaft oder weil es eine weitere Vollstreckung für nicht mehr verhältnismäßig ansieht. Die zuständige Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth kann (theoretisch) auch zu dem Ergebnis kommen, Herr Mollath sei weiterhin unterzubringen.

In der Stellungnahme der Anstalt und in derjenigen der Staatsanwaltschaft wird eine weitere Unterbringung befürwortet, da sich seit der letzten positiven Gefährlichkeitsprognose (Gutachter Pfäfflin) nichts geändert habe. Die in den Wiederaufnahemanträgen der StA Regensburg und  von RA Strate aufgeführten Fakten (s.o.) sind in diesen Stellungnahmen allerdings nicht berücksichtigt.

(11.04.) Ich möchte noch kurz zur Gefährlichkeitsprognose Stellung nehmen, soweit sie durch das Urteil und den Inhalt weiterer Gutachten und Stellungnahmen bekannt geworden ist. Sie wird auch in der bevortsehenden Entscheidung des LG bayreuth eine wichtige Rolle spielen:

Das entscheidende erste Gutachten enthielt die Feststellung, Herr Mollath leide zum Beurteilungszeitpunkt unter einem Wahn, der sich u.a. (und ausschlaggebend) darin manifestiere, dass er "beliebige Personen"  mit den Schwarzgeldkreisen seiner Frau in Verbindung bringe und sie in sein "Wahnsystem" einbeziehe. Dieses Wahnsystem beeinträchtige ihn mit Sicherheit schon seit Jahren in zunehmender Weise. Es liege ein "schweres zwingend zu behandelndes Krankheitsbild" vor.

Ausschlaggebend sei, dass Herr Mollath "fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, völlig undifferenziert" mit diesem Skandal in Verbindung bringe. "Die Störungen dürften sich verschlimmern". "Eine Besserung sei nicht zu erwarten".

Alle diese Zitate stammen aus dem Urteil. Sie geben das wieder, was das Gericht dem Gutachten von Dr. Leipziger entnommen hat und dem Urteil zugrundelegte. Diese Ausführungen sind bis heute die Grundlage für die Unterbringung.

Was wissen wir heute über diese Erwägungen aus dem Gutachten, die zur Grundlage der Entscheidung gem. § 63 StGB wurden?

1. Dass er "beliebige" Personen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung gebracht hätte, wird im Urteil allein mit Dr. Wörthmüller belegt. Es steht heute fest, dass die dem zugrundeliegende Tatsache schlicht nicht zutrifft - Herr Mollath hat eine "Verbindung" zwischen Dr. Wörthmüller und dessen Nachbarn zutreffend erkannt, sie war Grund für die Befangenheitserklärung Dr. Wörthmüllers, der eben nicht "beliebig" und "undifferenziert" mit den Operationen seiner Frau in Verbindung gebracht wurde. Dies ist seit der Vernehmung Dr. Wörthmüllers durch die Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt, denn weder die Nürnberger Staatsanwaltschaft noch das LG Nürnberg, noch der Pflicht-"Verteidiger" haben es damals für nötig befunden, Dr. Wörthmüller als Zeugen zu dieser Tatsache zu vernehmen.

Ergänzung: Zu diesem Punkt siehe auch die Stellungnahme von RA Strate vom heutigen Tage (12.04.), hier.

2. Dass der Gutachter die von ihm festgestellte wahnhafte Störung auf die Ehekonflkt-Tat, die sich mehrere Jahre zuvor ereignet haben sollte, zurückdiagnostiziert, ist m. E. mit keiner medizinischen Theorie oder ärztlichen Kunst belegbar. Auf bloße Vermutungen darf aber eine Entscheidung nach § 63 StGB nicht gestützt werden.

3. Die Prognose, Herrn Mollaths Zustand werde sich ohne Behandlung nicht bessern und Herr Mollath würde "fast alle" Personen, die ihm begegnen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung bringen, kann nach sieben Jahren Unterbringung in mehreren Anstalten und vielen nicht immer konfliktfreien Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen (Mitpatienten, Ärzten, Pflegepersonal, Anwälte, Richter als Briefadressaten)  ohne Weiteres überprüft werden. Ich bin auch sicher, dass in den Berichten, die in den sieben Jahren erstellt worden sind, solche wahnhaften Beschuldigungen des Herrn Mollath erwähnt worden wären. Offenbar hat Herr Mollath aber gerade nicht beliebige Personen beschuldigt, den Schwarzgeldkreisen seiner Frau anzugehören. Auch andere wahnhafte Beschuldigungen gegen beliebige Personen sind nicht bekannt. Diese Prognose ist also als widerlegt anzusehen. Selbst wenn zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens also eine Wahnsymptomatik vorgelegen haben sollte, dann hat sich ganz offenbar deren diagnostizierte Schwere und prognostizierte Entwicklungstendenz nicht bestätigt. Eine Begründung der weiteren Gefährlichkeit allein damit, dass Herr Mollath sich nicht behandeln lässt, erscheint daher ausgeschlossen.

UPDATE vom 15.04.2013

Nun ist allgemein bekannt geowrden, dass am Donnerstag, 18.04. ein Anhörungstermin im Vollstreckungsverfahren in der Sache Mollath stattfindet. Da ich von Vielen gefragt wurde, was dieser Termin zu bedeuten hat und ob Herr Mollath möglicherweise an diesem Tag freikommt, möchte ich ein paar Dinge dazu klarstellen:

Es handelt sich um einen Anhörungstermin in einem ansonsten schriftlichen Verfahren. Der Termin, bei dem Herr Mollath "angehört" wird, ist keine Hauptverhandlung und ist auch nicht "so etwas ähnliches". Der Termin ist nicht öffentlich. An ihm nehmen nur Gericht (Strafvollstreckunsgkammer), Staatsanwaltschaft, Herr Mollath und seine Verteidiger teil. Das Gericht kann weitere Personen (als Vertrauenspersonen o.ä.) zulassen, muss dies aber nicht. Am Ende dieses Termins könnte das Gericht theoretisch seine Entscheidung treffen, wenn die Sache entscheidungsreif ist,  muss dies aber nicht tun. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass das Gericht sofort eine Entscheidung trifft, insbesondere, wenn in der Anhörung etwa noch Punkte (z.B. von Herrn Mollath oder von der Verteidigung) genannt werden sollten, die das Gericht dann noch prüfen will. Eine Entscheidung wird erst getroffen, wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält. Und sie wird dann schriftlich bekannt gemacht, nicht öffentlich verkündet.

Das Gericht wird m. E. nicht umhin kommen, auch mittlerweile bekannt gewordene Fakten aus dem WA-Verfahren bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob Herr Mollath gefährlich ist (siehe mein vorheriges Update oben). Dennoch wage ich keine Prognose, wie die Entscheidung ausfällt.

UPDATE vom 29.04.2013

Das Wochenblatt gibt soeben eine Mitteilung der StVK des LG Bayreuth wieder. Jetzt auch als Pressemitteilung (pdf) bei Justiz.Bayern Zitat:

Pressemitteilung Mit Beschluss vom 26. April hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth beschlossen, eine ergänzende Stellungnahme des zuletzt mit der Begutachtung des Untergebrachten befassten psychiatrischen Sachverständigen einzuholen. 

Der Sachverständige soll die Fragen beantworten, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Untergebrachte erneut Straftaten begehen wird, welcher Art diese Straftaten sein werden, welche Häufigkeit und welchen Schweregrad sie haben werden.

Die Kammer erachtet es im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung und unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten umfangreichen Anhörung vom 18. April für geboten, noch einmal einen externen Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Da der Untergebrachte die von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beantragte Begutachtung durch einen neuen Sachverständigen im Januar abgelehnt hatte greift die Kammer auf den psychiatrischen Sachverständigen zurück, der den Untergebrachten bereits in der Vergangenheit ausführlich exploriert hat. 

Die Strafvollstreckungskammer und der Sachverständige haben dabei weiterhin davon auszugehen, dass der Untergebrachte die Taten, wegen derer das Landgericht Nürnberg-Fürth am 08.08.2006 rechtskräftig die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, begangen hat.

Die Strafvollstreckungskammer hat gleichzeitig von Gesetzes wegen die Beiordnung der bisherigen Pflichtverteidigerin des Untergebrachten zurückgenommen. Nachdem für diesen nunmehr ein Wahlverteidiger tätig ist, folgt diese Entscheidung unmittelbar aus § 143 StPO.

Weitergehende Auskünfte zu dem Strafvollstreckungsverfahren können wegen dessen Nichtöffentlichkeit nicht erteilt werden.

Zitat Ende.

Kommentar
Bei dem angesprochenen Sachverständigen handelt es sich um Prof. Pfäfflin, der Gustl Mollath im Jahr 2011 exploriert und begutachtet hatte. Die damalige Begutachtung kam zwar zum Ergebnis, Herr Mollath sei weiterhin gefährlich, die Gründe für diese Schlussfolgerung waren im Gutachten selbst aber wenig überzeugend dargestellt.

Wenn die StVK dem Sachverständigen nun vorschreibt, er habe die rechtskräftig festgestellten Straftaten zu unterstellen, dann verpflichtet sie ihn, Tatsachen anzunehmen, deren Wahrheitsgehalt erheblich infrage gestellt ist. Wissenschaftlich wäre das kaum zu rechtfertigen.

Allerdings erinnert man sich, dass selbst bei Unterstellung dieser Straftaten die Gefährlichkeitsprognose dieses Sachverständigen zunächst „wacklig“ schien – damals hat er sie dann mündlich "nach oben" korrigiert, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass eine „normale“ Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten nicht ausreiche, um Herrn Mollath weiterhin unterzubringen.

Faktisch führt aber dieser Aufschub der Entscheidung der StVK am LG Bayreuth wohl dazu, dass das Wiederaufnahmeverfahren zeitlich wieder weiter nach vorn rückt. Denn bis Herr Pfäfflin den Gutachtenauftrag erledigt hat, wird möglicherweise das LG Regensburg schon über die Wiederaufnahme entscheiden.

Nun erreicht mich eine gemeinsame Presseerklärung der beiden Verteidiger (Frau Lorenz-Löblein und Herrn Dr. Strate) zu dieser Entscheidung des LG Bayreuth. Zitat:

Presseerklärung der Verteidigung zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth hat am 26.4.2013 beschlossen, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Psychiaters Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin einzuholen. Die Strafvollstreckungskammer sieht sich zu diesem Schritt motiviert" im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung".

Obwohl der Beschluss bereits am 26.04.2013 getroffen wurde, wurde Herr Mollath bis Montag morgen hierüber im Unklaren gelassen. Dies zeigt, dass nach wie vor kein Verständnis für die Situation von Herrn Mollath besteht.

Im Gegensatz zu dem behaupteten Interesse an einer sorgfältigen Aufklärung steht allerdings die Vorgabe an den Sachverständigen, es "möge arbeitshypothetisch nach wie vor davon ausgegangen werden. dass die Anlasstaten so, wie sie in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg­Fürth vom 08.08.2006 beschrieben worden sind, stattgefunden haben", obwohl der Strafvollstreckungskammer aus dem ihr überlassenen Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt ist, dass ein wesentliches Beweismittel für eine der angeblichen Anlasstaten ein gefälschtes ärztliches Zeugnis gewesen ist. Auch hätte die Strafvollstreckungskammer nicht schlicht ignorieren dürfen, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg aufgrund neuer Tatsachen und Beweismittel die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Ehefrau Mollaths als" tiefgreifend erschüttert" sieht.

Der Strafvollstreckungskammer ist weiterhin bekannt, dass eine wesentliche Annahme des seinerzeit angeblich festgestellten Wahnsymptoms, nämlich die angebliche Wahnausweitung auf unbeteiligte Dritte, sich als falsch herausgestellt hat. Dies hätte die Strafvollstreckungskammer ebenfalls dem ihr vorliegenden Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg entnehmen können, dort den BI. 243 -254:

http://www.strate.net/de/ dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-StA-Regensburg ­2013-03-18.pdf

Diesen unzweifelhaft feststehenden Tatsachen begegnet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth mit verschlossenen Augen. Ihr Beschluss dient nicht der sorgfältigen Aufklärung, sondern perpetuiert das Gustl Mollath zugefügte Unrecht.

Die allein auf die "Gefährlichkeit" Mollaths abstellenden Fragen der Straf vollstreckungskammer haben außerdem die Unterstellung einer psychischen Erkrankung Mollaths und deren Fortbestehen sowie eine damit (zum Urteilszeitpunkt) einhergehende Gefährlichkeit zur Voraussetzung. Wie sehr sich die Strafkammer von den im Strafvollstreckungsverfahren geltenden Maßstäben der Sachverhaltsaufklärung entfernt, kann mit dem Hinweis auf eine jüngst ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt vom 24.10.2012 (1 Ws 442/12) erläutert werden, in der es heißt:

"Bei der Beauftragung eines externen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 463 Abs. 4 StPO hat die Strafvollstreckungskammer eine ergebnisoffene Begutachtung sicherzustellen. Dem widerspricht die Bezugnahme auf eine als vorhanden vorausgesetzte psychische Erkrankung des Untergebrachten im Gutachtenauftrag. "

Zur Klarstellung sei mitgeteilt, dass Frau Rechtsanwältin Lorenz-Löblein Herrn Gustl Mollath weiterhin - ebenfalls als Wahlverteidigerin - vertritt.

Rechtsanwältin Erika Lorenz-Löblein, München

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate, Hamburg

Zitat Ende.

UPDATE vom 02.05.2013

Bisher haben mich Gesprächspartner aus der Justiz immer mal wieder darauf hingewiesen, dass zwar die Urteilskritik im Hinblick auf die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation bei den (angeblichen) Straftaten Mollaths gegen seine Ehefrau berechtigt sei, dass aber doch die auf "gefährliche Weise" durchgeführten Reifenstechereien wohl tatsächlich stattgefunden hätten und Herr Mollath dessen wohl zu Recht beschuldigt worden sei. Meine Hinweise darauf, dass auch die Feststellungen zu den Sachbeschädigungen keineswegs als "bewiesen" anzusehen seien, wenn man in die Akten schaut und diese mit den Urteilsgründen vergleicht, hat dann meist Achselzucken hervorgerufen. Leider hat das Schweigen der beiden Wiederaufnahmeanträge zu diesen Tatkomplexen nicht dazu beigetragen, den Eindruck meiner Gesprächspartner zu zerstreuen.

Nun hat RA Strate gerade in dieser Beziehung "nachgelegt": Wenn man die neue Stellungnahme Strates vom gestrigen Tage liest, wird man nicht umhin kommen, auch in Beziehung auf die Sachbeschädigungen zu der Auffassung zu gelangen: Hier wurde eine kaum mit Indizien belegte polizeiliche Hypothese ("Der Molllath könnte ein Motiv haben") vom Gericht trickreich zu einer Tatfeststellung ausgebaut, einzig und allein dazu, eine Grundlage für Herrn Mollaths "Gemeingefährlichkeit" zu schaffen.

Einige Einzelpunkte:

Tatsache ist, es gab ein Schreiben Mollaths, in dem einige der von Reifenstechereien betroffenen Personen genannt wurden. Jedoch: Weder alle in den Schreiben genannten Personen waren betroffen, noch alle in der Anklage Herrn Mollath zugerechneten Taten trafen die im Brief genannten.

Tatsache ist: Die meisten Reifenschäden wurden vor der Fahrt von den Betroffenen entdeckt. Im Urteil steht, sie seien meist erst während der Fahrt entdeckt worden.

Tatsache ist: Wie genau die Reifen beschädigt wurden, wurde gar nicht aufgeklärt; bei den Reifen, in denen es von der Polizei überhaupt Ermittlungen dazu gibt, deutet sich als "Tatwaffe" eher ein Messer an. Im Urteil heißt es, sie seien alle in derselben Art und Weise und zwar in irgendeiner "sachverständigen" Form (vom ehemaligen Reifenhändler Mollath) mit einem dünnen spitzen Gegenstand beschädigt worden. Tatsache ist: Keiner der Reifen wurde überhaupt näher inspiziert. Der dazu vernommene Polizeizeuge hat keinen der Reifen persönlich gesehen, sondern nur Ermittlungen der Kollegen zusammengetragen.

Tatsache ist: Auf einem Video, das die Polizei extra zur Ermittlung der Reifenstechereien aufgenommen haben soll, soll eine Täterperson zu sehen sein, die Mollath nach Auskunft seiner Frau zumindest ähnelt. Jedoch: weder das Video wurde gezeigt, noch wurde Frau M. dazu im Gerichtssaal vernommen (obwohl anwesend!). Die Angabe stammt wiederum von einem Polizeibeamten (als Zeuge vom "ungefähr"-Hören-Sehen-Sagen?). Und hinzu kommt: Das Video stammt von einer (angeblichen) Tat, die gar nicht angeklagt war.

Das ist noch nicht alles - bitte lesen Sie den Schriftsatz Strates, der im Übrigen noch weitere Sachverhaltsverfälschungen des Gerichts aufdeckt und damit den Vorsatz der Rechtsbeugung (als Wiederaufnahmegrund) zu untermauern sucht.

UPDATE 28.05.2013

Die Entscheidung* des LG Regensburg (Bericht der SZ), Herrn Mollath vorerst nicht nach § 360 Abs. 2 StPO aus der Unterbringung zu befreien, hat mich und alle, die den Fall näher kennen, enttäuscht. Denn einige Monate nachdem sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft je auf mehrere Gründe basierende Wiederaufnahmeanträge gestellt haben, die zum größeren Teil nach meiner Überzeugung die WA auch begründen, wäre dieser Schritt ein wichtiges Signal gewesen - ein Hoffnungsschimmer nicht nur für Herrn Mollaths(endgültige)  Freiheit, sondern auch für das Ansehen der Justiz. Nun verfestigt sich leider der Eindruck, dass die bayrische Justiz nicht in der Lage ist,  in angemessener Weise und gehöriger Schnelligkeit bei einem Fall mit (für mich) offenkundiger unrechtmäßiger Inhaftierung eines Bürgers Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Natürlich kann man weiterhin hoffen, dass die Prüfung des komplexen Falls und der umfangreichen WA-Gründe doch am Ende zu einem für Mollath - und für das Vertrauen in die bayerische Justiz - positiven Ergebnis kommt.
*(Ergänzung 30.05.): Bei der Äußerung des LG Regensburg handelt es sich um einen Aktenvermerk, in dem begründet wird, warum eine Entscheidung gem. § 360 Abs.2 StPO derzeit (noch) nicht getroffen wird. Die Verteidigung (RA Strate) hat gegen diese (Nicht-)Entscheidung dennoch Beschwerde eingelegt, da "der Sache nach" eine Herrn Mollath belastender Beschluss, die Vollstreckung der Unterbringung nicht zu unterbrechen vorliege.

UPDATE 19.06.2013

Es findet sich jetzt ein neuer Beitrag hier.

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Diskussion anderswo:

Blog von Gabriele Wolff

De Legibus-Blog (Oliver Garcia)

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1671 Kommentare

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@RA Gerold:

Die Behauptung wird nicht im Wiederaufnahmeantrag, sondern in der ergänzenden Beschwerdebegründung Strates aufgestellt.

3

@klabauter

Auch bei ner Beschwerde kann man nicht mit "könnte", "wäre möglich" argumentieren.

Zumal in diesem Fall andere Gründe für das "Lagern" der Akte über Monate nur unfassbare Schlamperei wären.

 

 

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@Klabauter

 

Es wäre mir auch neu, daß Gerichte, geschweige den die StA ihre Entscheidungen bzw. Anträge in der Möglichkeitsform formulieren.  Wenn ein Rechtsanwalt in gleicher Form einer Amtsperson einen Vorwurf macht, wird das immer als Majestätsbeleidigung aufgefaßt. Willkommen im demokratischen Rechtsstaat Ihro Richterlichkeit. Gleiches Recht für alle, auch wenn ein Richter beschuldigt wird.

5

Was an der heutigen BR-Sendung "Sonntags-Stammtisch (Link dort ab Minute 39) bemerkenswert war

1. Frau JuMin Merk hat etwa den Stand von Ende Dezember 2012 wiedergegeben, hat sich offenbar bis jetzt noch nicht über den Inhalt der beiden Wiederaufnahmeanträge informiert (obwohl einer davon von ihr veranlasst wurde), oder wollte jedenfalls nicht ihre aktualisierte Meinung dazu sagen. Nach wie vor meint sie, sie habe so früh gehandelt wie es ihr möglich gewesen wäre. Tatsächlich könnte sie feststellen, dass der Grund, den sie zum Anlass genommen hat, ihre bis dahin aufrechterhaltene Position zu ändern (der Anruf Brixners bei der Steuerfahndung), in keinem der beiden WA-Anträge auftaucht. Stattdessen tauchen dort etliche Gründe auf, die ihr schon zuvor bei zutreffender Information durch die StA Nürnberg bekannt geworden sein könnten.

2. Bei weitem empörender waren die Aussagen von Markwort und deshalb besonders "tragend", weil sie auch noch "das letzte Wort" in der Debatte waren. Selten habe ich im öffentlichen Fernsehen einen derart schlecht informierten sowie falsch und gehässig informierenden Journalisten auftreten gesehen.

Vielleicht sollte man aber von dem Format "Stammtisch" nicht zuviel erwarten...

 

 

Man kann doch heute der unerträglich gekünstelten Ministerin Merk nicht mehr zugestehen, dass sie "uninformiert" sei! Die Frau lügt und vertuscht, das geht nur mit Vorsatz! Und diesen Vorwurf unterschreibe ich gern. Das einzige Zugeständnis an sie ist, dass sie nicht allein ist und sich auch nicht selbst zur Ministerin gemacht hat. 

 

Im starken Kontrast zu Markwort und Merk am 'Stammtisch' (Herr Hanitzsch ist als regelrechtes Bollwerk an Integrität und Empathie in diesem Umfeld beeindruckend!) wurde im Presseclub, ARD, kurz danach erörtert, weshalb Deutschland zunehmend als "Buhmann in Europa" wahrgenommen wird, wobei man -auch hier schnell auf das 'Symptom' OLG München und NSU-Prozess und die missbrauchte  "Unabhängigkeit" der bayerischen Jusitz kam. Es geht inzwischen so weit, dass ein Michael Naumann sich "fast wünscht", Franz-Josef-Strauß wäre noch da: der hätte längst beim Richter angerufen und das geklärt. 

 

Soweit ist es gekommen....die "Unabhängigkeit der Justiz" muss mittlerweile in Bayern dafür herhalten, dass Menschen wegen "lebensgefährlichem" Reifenstechen (O-Ton) über sieben Jahre (!)als "Gefahr für die Allgemeinheit" im forensischen Massregelvollzug verräumt sind und dass ganz Deutschland, zumindest die deutsche Justiz, in Mithaftung blamiert wird, weil bayerische Formaljuristen die Vernunft und  Lebenswirklichkeit starr ausblenden. 

5

 

 

Besten Dank Herr Professor Müller für Ihren Kommentar zum Sonntagsstammtisch.

 

Wann wird Frau Ministerin Merk darüber informiert, dass Befangenheit kein Wiederaufnahmegrund ist?

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Die Sendung zeigt, dass Schneeflocken wichtiger sind als Herr Mollath.

Man kann von solchen Sendungen nichts erwarten bei denen es um Einschaltknoten in erster Hinsicht nur geht und nicht um fachlich fundierte Aufklärung geht.

 

 

 

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http://www.welt.de/newsticker/news3/article115075807/Bayerns-Justizminis...

Die Regensburger Staatsanwaltschaft hatte jedoch im März ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt. Merk sagte nun dazu: "Keiner weiß im Moment, was daraus wird." Im Übrigen sei Mollath nicht in der Psychiatrie, "weil möglicherweise irgendwelche Geldverschiebungen stattgefunden haben, sondern weil das Gericht entschieden hat, dass er eine gefährliche Körperverletzung begangen hat, dass er seine Frau gewürgt hat bis zur Bewusstlosigkeit, dass er sie eingesperrt hat".

Ich dachte immer, als Ersttäter bekommt man für gefährliche Körperverletzung dieser Art noch eine Bewährungsstrafe. Zumindest aber nicht lebenslänglich hinter den Gittern der Psychiatrie. Es musste also noch etwas hinzukommen: genau, der angebliche "Schwarzgeldwahn" des Herrn Mollath. Erst dieser angebliche "Schwarzgeldwahn" ermöglichte es der bayerischen Justiz, Mollath dauerhaft wegzuschließen und somit unschädlich zu machen. Sei "unschädlich" bzw. "ungefährlich"bezogen auf die Allgemeinheit oder doch nur "ungefährlich" für einige prominente Steuerhinterzieher Bayerns.

Diesen Zusammenhang mit der Schwarzgeldaffäre hat die gelernte Juristin Dr. Merk immer noch nicht kapiert. Jemand sollte es ihr mal erklären.

 

Nicht viel besser bestellt um die Auffassungsgabe ist es allerdings bei SPD-Schindler, seines Zeichens ebenfalls Jurist:

https://gabrielewolff.wordpress.com/2013/04/07/der-fall-mollath-augsburg...

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Merk sagte nun dazu: "Keiner weiß im Moment, was daraus wird." Im Übrigen sei Mollath nicht in der Psychiatrie, "weil möglicherweise irgendwelche Geldverschiebungen stattgefunden haben, sondern weil das Gericht entschieden hat, dass er eine gefährliche Körperverletzung begangen hat, dass er seine Frau gewürgt hat bis zur Bewusstlosigkeit, dass er sie eingesperrt hat".

Das ist eine Falschaussage von Frau Merk, denn es fehlt jeder Hinweis auf die angeblich gutachterlich bestätigte Wahnerkrankung, die erst zusammen mit einer vom Gericht angenommenen anhaltenden Gefahr für die Allgemeinheit eine Unterbringung nach § 64 StPO rechtfertigt.

5

Herr Sobottka:

"Woher O. Garcia die Behauptung nimmt, Rechtsbeugung sei in D ein seltenes Phänomen, ist mir übrigens auch nicht klar."

O. Garcia meint damit bestimmt  die nachgewiesenen Rechtsbeugungen und die verurteilten Rechtsbeuger, die in der Tat sehr wenige sind.

 

 

 

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Ich habe auch Frau Merk gesehen. Denke, dass sie sich in einer sehr verzwickten Lage befindet.

In erster Reihe ist sie eine Repräsentantin des Volkes. Aber statt eine längst fällige Untersuchungsausschuss anzukündigen, kämpft sie verzweifelt für die Glaubwürdigkeit der Justiz.

Merk: Laut Urteil hat er nicht nur Reifen zerstochen, sondern "auf eine ganz gefährliche Art und Weise."

Na ja, egal wer auch immer diese Reifen zerstochen hat, wie kann man Aussagen darüber machen, mit welchen Intentionen sie zerstochen wurden? Tatsache ist, dass es eine Sachbeschädigung war.

Dass man Herr Mollath nicht für immer und ewig wegen Reifen und Ehestreit einsperren kann, ist auch für Frau Merk klar. Dass man für seine Freilassung einen Sündenbock braucht, und am Besten nicht die Justiz, kam auch zum Ausdruck. Die glaubwürdige Ehefrau ist "noch nicht dafür bestraft." (Merk)

Für was bestraft? Soll Frau M. wegen Falschaussagen bestraft werden? Welche Strafe wäre angemessen? Bewährungsstrafe und Tabletten? (http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/Der-Horror...)

Immerhin ist sie eine potentielle Wiederholungstäterin, ist wieder verheiratet. In ihren "Wahn", der Mann könnte von einer Scheidung finanziell profitieren, würde sie im Falle einer Scheidung die Taten vielleicht wiederholen.

Das Ganze ist in mehreren Hinsichten sehr fragwürdig.

Die ursprünglich glaubwürdige Zeugin, Frau M., soll mit einem anderen glaubwürdigen Zeugen, Herr Braun, ausgetauscht werden.

Laut Herr Braun: "Wenn Gustl meine Bank und mich anzeigt, mache ich ihn fertig. [...] Der ist doch irre, den lasse ich auf seinen Geisteszustand überprüfen" (http://www.gustl-for-help.de/download/2011-08-2011-11-Braun-Eidesstattli...)

Auch wenn wir diesem Zeugen Glauben schenken, dann bitte ich doch alle kritische Leser genau zu überlegen, wer hinter dem Wort "ICH" steht. Das ist nicht Frau M. Sie hatte doch keine Macht. Sei denn, dass man an die Macht von "Opfer-Abo" glaubt.

Bestreite nicht, dass die Gerichte sich von Klischees bedienen. Sehe auch Fälle wie Kachelmann, Assange und Strauss-Kahn in Verbindung mit diesem Wort. „Opfer-Abo“ gilt aber nicht für alle Frauen. Das Gericht entscheidet, wann es passend ist.

Und vielleicht sollte man von einem "Retter-Abo" sprechen, wenn es um Männer geht. Mit "Opfer-Abo" bedient man sich von § 63 StGB mit dem "Retter-Abo" § 68b FGG.

Egal ob es nun das eine oder andere ist, gilt das Mantra: Mögliche Gefahr - Gutachten - Gegengutachten.

"Mögliche Gefahr" wird nur oberflächlich angeschaut, wenn überhaupt. Das Gutachten entsteht auch ohne Gefahr. Und Weh, wenn man als Bürger mit Grundrechten im Kopf darauf hinweist: Mögliche Gefahr gab es nie. Warum soll ich dann ein sog. Gegengutachten besorgen, um mich von irgendwelchen Anschuldigungen zu befreien?

 

Dann ist man, auch ohne es zu wollen, für die sog. Allgemeinheit gefährlich geworden.

 

Gruß

Tine Peuler

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"Tine Peuler" schrieb:
Ich habe auch Frau Merk gesehen. Denke, dass sie sich in einer sehr verzwickten Lage befindet.

In erster Reihe ist sie eine Repräsentantin des Volkes.

Falsch. Im Fall Mollath ist sie bisher nur als Justizministerin aufgetreten und damit als Vertreterin der Staatsgewalt, nicht des Volkes.

In ihrer Rolle als Volksvertreterin, also Landtagsabgeordneten (was sie erst 5 Jahre nach Amtsbeginn im Justizminsterin wurde) hat sie sich bisher nicht zu Mollath oder verwandten Themen geäußert.

Gast schrieb:

 

Auch wenn wir diesem Zeugen Glauben schenken, dann bitte ich doch alle kritische Leser genau zu überlegen, wer hinter dem Wort "ICH" steht. Das ist nicht Frau M. Sie hatte doch keine Macht. Sei denn, dass man an die Macht von "Opfer-Abo" glaubt.

 

Bestreite nicht, dass die Gerichte sich von Klischees bedienen. Sehe auch Fälle wie Kachelmann, Assange und Strauss-Kahn in Verbindung mit diesem Wort. „Opfer-Abo“ gilt aber nicht für alle Frauen. Das Gericht entscheidet, wann es passend ist.

Und vielleicht sollte man von einem "Retter-Abo" sprechen, wenn es um Männer geht. Mit "Opfer-Abo" bedient man sich von § 63 StGB mit dem "Retter-Abo" § 68b FGG.

Egal ob es nun das eine oder andere ist, gilt das Mantra: Mögliche Gefahr - Gutachten - Gegengutachten.

"Mögliche Gefahr" wird nur oberflächlich angeschaut, wenn überhaupt. Das Gutachten entsteht auch ohne Gefahr. Und Weh, wenn man als Bürger mit Grundrechten im Kopf darauf hinweist: Mögliche Gefahr gab es nie. Warum soll ich dann ein sog. Gegengutachten besorgen, um mich von irgendwelchen Anschuldigungen zu befreien?

 

Dann ist man, auch ohne es zu wollen, für die sog. Allgemeinheit gefährlich geworden.

 

Gruß

Tine Peuler

 

Das " Opfer- Abo " das angeblich bei Frauen üblich ist, kommt im wolff blog fast täglich vor.

Ich kenne mich im Gewaltbereich gegen Frauen gut aus und ich behaupte, dass das Gegenteil der Fall ist.

Für bedenklich halte ich dieses Unwort, wenn es im Fall Mollath thematisiert wird, weil in diesem Fall die Dinge anders gelagert sind.

Der breiten Masse könnte es durchaus so glaubhaft gemacht werden.

Schade dass Herr Mollath sich hier nicht äussern kann, er kennt die Hintergründe  am Besten.....auch deshalb ist er so gefährlich.

 

 

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Freiheit schrieb:

Das " Opfer- Abo " das angeblich bei Frauen üblich ist, kommt im wolff blog fast täglich vor.

Ich kenne mich im Gewaltbereich gegen Frauen gut aus und ich behaupte, dass das Gegenteil der Fall ist.

Für bedenklich halte ich dieses Unwort, wenn es im Fall Mollath thematisiert wird, weil in diesem Fall die Dinge anders gelagert sind.

Der breiten Masse könnte es durchaus so glaubhaft gemacht werden.

Schade dass Herr Mollath sich hier nicht äussern kann, er kennt die Hintergründe  am Besten.....auch deshalb ist er so gefährlich.

 

Wie meinen Sie das "auch deshalb ist er so gefährlich"? Gefährlich wegen seines Wissens um die HVB oder wegen seiner angeblichen Gewaltbereitschaft?

Im übrigen gilt es festzuhalten: es gibt mittlerweile einige große Studien, welche belegen, dass häusliche Gewalt kein Privileg der Männer ist. Häusliche Gewalt geht vielmehr in ca 30-50 Prozent der Fälle von Frauen aus. Lediglich die ganz schwere körperliche Gewalt ist aus natürlichen Gründen eine Bastion der Männer.

Vor Gericht werden allerdings fast nur Männer verurteilt, fast nie Frauen. Wenn ein Mann über häusliche Gewalt klagt, so wird er entweder von Freunden, Nachbarn und Polizei verspottet oder aber ungläubig angestaunt: du kannst dich doch gegen deine Frau wehren, du bist doch viel stärker??? Bist du ein solcher Pantoffelheld?

Dass ein anständiger Mann es verinnerlicht hat, niemals eine Frau zu schlagen, auch wenn diese als erste zuschlägt, wird bei dieser Argumentation nicht berücksichtigt. Außerdem: warum soll ich mich gegen Schläge meiner Frau wehren, wenn es doch die Polizei und die StA gibt, die mich von Gesetz wegen beschützen können und müssen?

Wenn ich viel Glück habe, schaut die Polizei mal aus Neugier bei uns daheim vorbei. Mit sehr viel Glück wird sie meine Anzeige aufnehmen (und nicht nur die meiner Frau). Nahezu ausgeschlossen aber ist es, dass dann die StA Anklage gegen meine Frau erhebt.

[Alles natürlich nur fiktiv, bin glücklich verheiratet]

Stellen Sie sich doch mal folgende Konstellation vor: Herr Mollath betreibt bei der HVB Schwarzgeldverschiebereien. Frau Mollath ist grundehrlich und zeigt diese Machenschaften an. Herr Mollath zeigt im Gegenzug seine Frau an und beschuldigt sie, sie habe ihn geschlagen. Polizei und StA hätten sich vor Lachen auf dem Boden gerollt.

 

Selbstverständlich gibt es im Bereich der häuslichen Gewalt ein Opfer-Abo der Frauen. Männer können in der gesellschaftlichen Wahrnehmung niemals Opfer häuslicher Gewalt sein und sind schon per se unglaubwürdig.

Frauen sind aber auf anderen Gebieten durchaus benachteiligt. Z.B. erreichen sie im Berufsleben fast nie die Vorstandsetagen.

Aber vor Gericht bzw. schon vorher, bei der StA, haben sie den Frauenbonus. Nur 5 Prozent der Gefängnis-Insassen sind Frauen. Das liegt nicht nur an der größeren Gewaltbereitschaft der Männer auf der Straße (ein Monopol der Männer), sondern auch daran, dass Betrugsdelikte u.ä. bei Frauen viel häufiger mit Bewährungsstrafen geahndet werden.

 

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Gast #8

 

"Die ursprünglich glaubwürdige Zeugin, Frau M., soll mit einem anderen glaubwürdigen Zeugen, Herr Braun, ausgetauscht werden."

 

Steht dann nicht Aussage gegen Aussage von Frau M gegen Herrn Braun ? Richtige Beweise haben beide doch nicht ?

 

Folge : Im Zweifel für den untergebrachten Mollath und Freilassung ohne Verurteilung anderer wegen Rechtsbeugung !

Allerdings ist schon merkwürdig, dass Fr. M das Haus von Herrn Mollath ersteigert hat. Kann da möglicherwiese Vorsatz gewesen sein, Herrn Mollath für verrückt zu erklären und sich mit dem unter Wert ersteigerten Haus zu bereichern ?

http://www.sueddeutsche.de/bayern/psychiatrieinsasse-gustl-mollath-verlorene-vergangenheit-1.1642340

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Gast schrieb:

Allerdings ist schon merkwürdig, dass Fr. M das Haus von Herrn Mollath ersteigert hat. Kann da möglicherwiese Vorsatz gewesen sein, Herrn Mollath für verrückt zu erklären und sich mit dem unter Wert ersteigerten Haus zu bereichern ?

http://www.sueddeutsche.de/bayern/psychiatrieinsasse-gustl-mollath-verlorene-vergangenheit-1.1642340

Natürlich war es Vorsatz der Frau M. (und möglicherweise auch anderer Personen), sich ihres Ehemannes dauerhaft zu entledigen. In der Psychiatrie richtet er keinen Schaden an. Wer glaubt schon einem Verrückten? Da kann der arme Kerl Briefe über Steuerverschieberbanden schreiben, bis er schwarz wird...  Durch die Ersteigerung des Hauses konnte sie zudem elegant etwaige verbliebene Beweise aus der Habe des Herrn M. beseitigen.

 

Bei der SZ heißt es:

Das Grundstück im vornehmen Nürnberger Stadtteil Erlenstegen sei tatsächlich im Dezember 2007 zwangsversteigert worden, erklärt das Justizministerium. Es hätten entsprechende Anträge sowohl der Hypo-Vereinsbank sowie der ehemaligen Frau Mollaths vorgelegen.

Ersteigert habe das Grundstück, dem Ministerium zufolge, "die geschiedene Frau des Herrn Mollath" - für einen Betrag von 226.000 Euro. Mollath beklagte in dem SZ-Gespräch, dass das geerbte Anwesen seiner gestorbenen Eltern während seiner Einweisung in die Psychiatrie weit unter Wert versteigert worden sei. Wer sich das Grundstück in Nürnberg anschaut, wird zu keinem anderen Ergebnis kommen können.

 

Da kann man nur sagen: Diese Schweine! (ohne hier explizit Namen zu nennen)

5

Oliver García über das - gelinde gesagt ambivalente - Verhalten von Wörthmüller:

http://blog.delegibus.com/2013/04/07/der-fall-mollath-ein-mehrpersonenst...

Wörthmüller war immer irgendwie da, wenn gerade etwas Wichtiges im Fall Mollath passierte: Er war von den geschäftlichen Kreisen um Mollaths Ex-Frau als Ansprechpartner ausersehen, als Mollath in diesen Kreisen als “verunsichernde Person” wahrgenommen wurde.
...
Als am Mittwoch, dem 30. Juni 2004, Wörthmüller auf seiner Station Mollath zu Gesicht bekam, war er “erschrocken” (Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft, Aktenblatt 250), denn sein Proband war eben die Person, mit der er kurz vorher vor seinem Haus gesprochen und über den er sich später auch mit seinem Nachbarn unterhalten hatte. Dies war ihm “sofort bewusst”. Von da an beschäftigte ihn die Frage, ob er unbefangen seinen Gutachtenauftrag erfüllen könne und er schrieb tags darauf, am 1. Juli 2004, seine Befangenheitserklärung gegenüber dem Gericht. Doch er schickte sie nicht ab. Stattdessen fanden in den nächsten Tagen zwischen Wörthmüller und Mollath – zum Teil zusammen mit einem Anwalt Mollaths, der hinzugerufen wurde – Besprechungen statt, ob man die Problematik Befangenheit nicht auch anders lösen könne. Die Initiative zu diesen Besprechungen ging von Wörthmüller aus und sein Vorschlag war: Er würde auf das Abschicken der Befangenheitsanzeige verzichten und das vom Gericht angeforderte Gutachten erstellen, wenn sich Mollath einverstanden erklärt, alles was mit den Schwarzgeldvorwürfen zu tun hat, auszuklammern (Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft, aaO.). Wörthmüller erklärte gegenüber der Staatsanwaltschaft: “Wenn Herr Mollath das als ‘Gefälligkeitsgutachten’ ansieht, so mag das aus seiner Sicht nicht ganz abwegig sein.”
...
Bei allen noch bestehenden Unklarheiten über den Ablauf lässt sich eine Aussage ohne weiteres der Erklärung Wörthmüllers gegenüber der Staatsanwaltschaft entnehmen: Dass er es mit dem Berufsethos eines psychiatrischen Gutachters für vereinbar hält, die für das Gutachten bedeutsamen Tatsachen in einer Weise zu selektieren und die Blindstellen in einer Weise zu verteilen, daß das Gutachtenergebnis so oder so ausfallen kann. Das kann man ihm glauben (daß er von der Vereinbarkeit überzeugt ist, nicht daß es vereinbar ist).
...
eines dürfte aufgrund der Vernehmung Wörthmüllers durch die Staatsanwaltschaft klar sein – und dies steht der Sache mit dem Strafbefehl als tragische Weichenstellung in keiner Weise nach: Wäre Mollath auf das “Entgegenkommen” (Zitat Wörthmüller, Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft, Aktenblatt 250) eingegangen, hätte er einen fachlich-psychiatrischen Nachweis erhalten, daß bei ihm keine psychische Störung vorlag. Im weiteren Verlauf wäre niemals § 126a StPO oder gar § 63 StGB auf ihn angewandt worden. Den “Fall Mollath” im heutigen Sinne gäbe es nicht.

Bleibt die Frage: wurde Wörthmüller von dem Hypogeldverschiebungsklüngel instruiert, damit Mollath vor der Alternative "du bist gesund und es gab nie Steuerhinterziehung oder bleib bei deinen Behauptungen und du wirst schon sehen wer dich dann begutachtet" stand?

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Jürgen Roth auf Telepolis über die "Spinnennetze der Macht" und den "selektiven Rechtsstaat": http://www.heise.de/tp/artikel/38/38830/1.html

Hier ein Beispiel für ein Nürnberger "Spinnennetz": http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/nuernberg/geheimgutacht... - http://www.nordbayern.de/nuernberger-nachrichten/nuernberg/neue-strafanz... - Diehl und der Rotary Club, wer hätte es gedacht? Und alles bleibt in der Familie ...

 

Tatsache bleibt, dass die Amts- und Landgerichte sich auch zunehmend nicht mehr an höchstrichterliche Standards und auch nicht an höchstrichterliche Urteile halten! Das hätte auch den "Fall Mollath" von Anfang an verhindern können.

 

Diese Missachtung gesetzter Standards und Grundrechte ist in der täglichen Praxis der "Zwangsbegutachtungen" der Fall, bei der Prüfung von Prozesskostenhilfe, wo völlig normalisiert die BGH-Rechtsprechung missachtet und Rechtsverweigerung auf finanzieller Basis stattfindet, und es ist seit langem so bei Haftprüfungen, Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluessen! 

 

Wer sich wehrt, wird zum "Querulant". 

 

Man kann diese Darstellung natürlich - ebenfalls üblich - als "ungehörige" Fundamentalkritik abtun.....

Dann soll man doch bitte erklären, wie eine Amtsrichterin unwidersprochen von der gesamten Justiz behaupten kann, das "Bundesverfassungsgericht habe keine Ahnung von der Realität" und einen Rechtsanwalt, dessen Kanzlei unter Missachtung der Voraussetzungen eben des BverfG durchsucht wurde, zu einer Geldstrafe wegen "Beleidigung" verurteilen kann! Näheres hier:

 

http://www.strafverteidiger-wiki.de/index.php?title=AG_Würzburg,_Urteil...

 

Man kann diese Justiz naturlich ignorieren - aber nur solange, bis man selbst Geschädigter wird. 

5

@ O. García

Viele der Diskussionsteilnehmer hier haben möglicherweise deutlich geringere Anforderungen an die Bejahung von Rechtsbeugung als die Rechtsprechung (und ich).

Wenn ein beliebiger Bürger oder beliebige Bürgerin mit dem Segen vom Rechtsstaat behaupten kann: "ich mache ihn fertig .... den lasse ich auf seinen Geisteszustand überprüfen." Und dies mit Erfolg.

Dann sind alle Grundrechte außer Kraft getreten. Dem Zufolge auch andere Gesetze. In diesem Sinne werden Wörter wie "Rechtsbeugung" und "Rechtsprechung" völlig Inhaltslos.

Für manche war und ist Frau M. glaubwürdig, für manche nicht. Aber wenn ein bisschen Glaubwürdigkeit alles ist, was man braucht, um einen Menschen fertig zu machen und psychiatrisch untersuchen zu lassen, dann ist es doch kein Rechtsstaat.

Ein paar Beziehungen und die Glaubwürdigkeit ist gesichert - das hat mit Gesetzen oder Taten nichts mehr zu tun. 

Gruß

Tine Peuler

5

Hinweis auf die Arbeit der überparteilichen Gesellschaft GEP

Stichwort:  Psychiatriemissbrauch

Rundbrief 1/2011

Seite 13:
Exkurs zum Politischen

"Über Jahre erfuhren wir von ihm in größerem Umfang ja nur aus der Sowjetunion. Weithin wird Psychiatriemißbrauch bis heute nur mit ihr assoziiert. Jetzt stellt sich heraus, er ist eine Spezialität auch konservativer, schwarzer Regenten."

http://www.psychiatrie-und-ethik.de/wpgepde/

Zum Thema "Querulanz" als Einfallstor und Gefahr für jederMANN

http://aktionboss.de/sind-sie-ein-querulant-dann-hueten-sie-sich

 

5

O.Garcia schrieb:

Viele der Diskussionsteilnehmer hier haben möglicherweise deutlich geringere Anforderungen an die Bejahung von Rechtsbeugung als die Rechtsprechung (und ich).

Ja, warum eigentlich? Warum stellen Sie denn so hohe Anforderungen an den Rechtsbeugungstatbestand, lieber Oliver Garcia?

Die Rechtsprechung, jedenfalls die des BGH, erklärt das damit, dass eine Flut an Wiederaufnahmeverfahren verhindert werden soll.

Quote:

... sind gesteigerte Anforderungen an den Rechtsbeugungstatbestand ein notwendiges Korrektiv gegen die andernfalls drohende Konsequenz, Gerichtsentscheidungen allzu häufig nochmals wegen des Vorwurfs der Rechtsbeugung erneuter Sachprüfung durch die Justiz zu unterstellen. (BGH 5 StR 713/94 - Urteil vom 15.09.1995)

Weil Rechtsbeugung ein absoluter Wiederaufnahmegrund ist, werden die Anforderungen an Rechtsbeugung so hoch geschraubt, dass es noch nie zu einer Wiederaufnahme wegen Rechtsbeugung gekommen ist. Perfekt! Sehr logisch!

So, aber jetzt angenommen, es kommt zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Gustl Mollath unabhängig von dem Rechtsbeugungs- und Freiheitsberaubungsvorwurf. Welchen Grund soll es dann noch geben, an den so hohen Anforderungen für Rechtsbeugung festzuhalten?

WR Kolos schrieb:

Ja, warum eigentlich? Warum stellen Sie denn so hohe Anforderungen an den Rechtsbeugungstatbestand, lieber Oliver Garcia?

Bei der Frage, wo die Rechtsbeugung beginnt, geht es meiner Meinung nach um das Spannungsverhältnis zwischen zwei Grundprinzipien der Rechtsanwendung: Auf der einen Seite die Prämisse, jede rechtliche Frage ließe sich mit den Kategorien rechtmäßig/rechtswidrig beantworten. Ein bayerischer Richter/Staatsanwalt hat dies in einem Aufsatz, den ich unter http://blog.delegibus.com/2826 besprochen habe, treffend den "binären Code des Rechtssystems" genannt (meine dortige Kritik bezieht sich darauf, daß ihn die Liebe zur Theorie für die Mängel der Praxis blind macht). Auf der anderen Seite der unverzichtbare (Verfassungs-)Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit, der (im deutschen Recht) einschließt, daß der Richter auch gegenüber den übergeordneten Instanzen unabhängig ist. Er kann eine Rechtsauffassung vertreten, die der ständigen Rechtsprechung der Obergerichte widerspricht. Da es demnach keine feste Perspektive gibt, kann im Prinzip niemand feststellen, ob die Rechtsprechung des BGH im Sinne des "binären Codes" rechtswidrig ist oder die des kleinen Amtsrichters. Die Unterscheidung rechtmäßig/rechtswidrig hat deshalb nur innerhalb eines bestimmten Rechtsmittelverfahrens unzweifelhafte Legitimität.

Tagtäglich werden in diesem Sinne Entscheidungen als rechtswidrig aufgehoben (vgl. nur für den Strafprozeß: die Revision ist erfolgreich, wenn das Urteil das Gesetz verletzte: § 337 StPO), wobei der Rechtsverstoß mehr oder weniger groß sein kann (aus der Sicht des aufhebenden Gerichts). Diese Aussage ist maßgeblich innerhalb des betreffenden Verfahrens, aber sie sagt nichts darüber aus, ob der so kritisierte vorherige Richter strafbares Unrecht begangen hat.

Das schließt nicht aus, daß bei besonders groben Rechtsverstößen Rechtsbeugung bejaht werden kann, aber die Grenzziehung ist schwierig. Bei Verfahrensverstößen ist dies m.E. leichter als bei Anwendung des materiellen Rechts, soweit es einen äußerlich breiten Entscheidungsspielraum läßt.

Die Begründung des BGH in der zitierten Entscheidung ist natürlich Blödsinn.

5

O. García schrieb:

Bei der Frage, wo die Rechtsbeugung beginnt, geht es meiner Meinung nach um das Spannungsverhältnis zwischen zwei Grundprinzipien der Rechtsanwendung: Auf der einen Seite die Prämisse, jede rechtliche Frage ließe sich mit den Kategorien rechtmäßig/rechtswidrig beantworten. Ein bayerischer Richter/Staatsanwalt hat dies in einem Aufsatz, den ich unter http://blog.delegibus.com/2826 besprochen habe, treffend den "binären Code des Rechtssystems" genannt (meine dortige Kritik bezieht sich darauf, daß ihn die Liebe zur Theorie für die Mängel der Praxis blind macht). Auf der anderen Seite der unverzichtbare (Verfassungs-)Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit, der (im deutschen Recht) einschließt, daß der Richter auch gegenüber den übergeordneten Instanzen unabhängig ist. Er kann eine Rechtsauffassung vertreten, die der ständigen Rechtsprechung der Obergerichte widerspricht. Da es demnach keine feste Perspektive gibt, kann im Prinzip niemand feststellen, ob die Rechtsprechung des BGH im Sinne des "binären Codes" rechtswidrig ist oder die des kleinen Amtsrichters. Die Unterscheidung rechtmäßig/rechtswidrig hat deshalb nur innerhalb eines bestimmten Rechtsmittelverfahrens unzweifelhafte Legitimität.

Tagtäglich werden in diesem Sinne Entscheidungen als rechtswidrig aufgehoben (vgl. nur für den Strafprozeß: die Revision ist erfolgreich, wenn das Urteil das Gesetz verletzte: § 337 StPO), wobei der Rechtsverstoß mehr oder weniger groß sein kann (aus der Sicht des aufhebenden Gerichts). Diese Aussage ist maßgeblich innerhalb des betreffenden Verfahrens, aber sie sagt nichts darüber aus, ob der so kritisierte vorherige Richter strafbares Unrecht begangen hat.

Ich kann Ihre Argumentation nachvollziehen. Sie beschreiben vermutlich auch recht zutreffend den IST-Zustand der deutschen Justiz. Dieser Zustand ist unbefriedigend.

Das Problem der "Rechtsbeugung" lässt sich zurückführen auf ein wesentliches Manko der Justiz, nämlich das gänzlich fehlende Qualitätsmanagement (inkl. Fehlermanagement, Audits bzw. Supervision etc.). Ich selbst bin Arzt, und die Medizin hat sich auch lange gesträubt gegen Kontrollen von außen. Der Arzt soll selbstständig seine Entscheidungen treffen können, unbeeinflusst und unabhängig sein in der Therapiewahl - ähnlich wie ein Richter. Das ging letztendlich in dieser Absolutheit auch nicht gut und führte zum Negativbild "Halbgott in Weiß". Die Lösung war einfach: Einführung von Leitlinien für die Behandlung der allermeisten Krankheitsbilder sowie Einführung von Qualitätsmanagement. Wenn jetzt ein Arzt mangelnden Erfolg hat und der Patient unzufrieden ist, so muss er zeigen, dass er sich an die medizinischen Standarts gehalten hat (leitlinienorientierte Behandlung inkl. Aufklärung des Patienten darüber). Selbstverständlich gehört zu einem ordentlichen Qualitätsmanagement auch der Nachweis regelmäßiger Fortbildung. Wenn er dann alle Standarts eingehalten hat, so ist er weitgehend unangreifbar. Ansonsten greift die Beweislastumkehr - der Arzt muss beweisen, dass die Beschwerden des Patienten auch bei Einhaltung aller medizinischen Regeln genauso bestünden.

Alles Dinge, die nicht einfach umzusetzen sind und im Detail durchaus auch problematisch sein können. Doch die Justiz kennt ja nicht einmal den Ansatz einer Qualitätskontrolle. Hier müssen, weit über die völlig unzulängliche StPO hinaus, Standarts für eine ordentliche Prozessführung entwickelt werden, die dem Richter auch vorgeben, wann er welche Zeugen zu laden hat (um nur ein Beispiel zu nennen). Im übrigen gibt es vermutlich genauso viele Krankheitsbilder in der Medizin wie es mögliche "Prozessbilder" in der Justiz geben kann. Leitlinien kann man in beiden Fachgebieten erstellen - wenn man nur will. Die Medizin hat es geschafft.

Sie werden vielleicht einwenden. die richterliche Unabhängigkeit ist ein viel größeres Gut als die ärztliche Unabhängigkeit und außerdem gibt es doch die Überprüfung durch höhere Instanzen. Was die Überprüfung durch den BGH angeht, kennen Sie die Mängel des Revisionsverfahrens besser als ich (wie auch der Fall Mollath zeigt). Außerdem bleibt die Aufhebung für den Richter weitestgehend folgenlos - anders als beim Arzt, der für seine Kunstfehler einzustehen hat. Diese persönliche Haftung führte letztendlich auch dazu, dass die normale schulmedizinische Therapie zwar nicht perfekt ist, doch im Gegensatz zu früher von viel weniger Zufällen abhängig ist (gerade bei lebensentscheidenden Therapien wie Chemotherapien, die heute streng reglementiert sind - zum Wohle des Patienten).

Natürlich ist es bequem, für die eigenen Fehler nicht haften zu müssen. Ich halte dies für grundsätzlich falsch. Das Schwert "Anklage wegen Rechtsbeugung" könnte die Richter zur Ordnung rufen und sie zwingen, sich strikt an die Regeln zu halten. Diese Regeln müssten natürlich genauestens festgelegt werden - genauso wie in der Medizin. Möglich ist das, Sie können es sich vermutlich nur nicht vorstellen.

Im übrigen soll selbstverständlich jeder Verurteilte einen neuen Prozess erhalten, wenn der Richter Kunstfehler begangen hat (um mal im ärztlichen Jargon zu bleiben). Warum denn nicht? Wegen des Rechtsfriedens? Muhahaha, diese billige Ausrede sollte mal ein Arzt auf seinen Berufszweig umformulieren - er würde vermutlich als Verrückter bald Herrn Mollath Gesellschaft leisten (wobei dieser ja im April vermutlich entlassen wird, wie ich gerade gelesen habe). Jeder Berufszweig haftet für seine Fehler - nur Richter wollen weiterhin "Halbgötter in Schwarz" sein.

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@psychofan

Ich bin fast in jedem Punkt Ihrer Meinung. Nur im Punkt der Strafandrohung müssen wir "nachverhandeln". Wie Sie ja schreiben, waren es das Berufsrecht und das Haftungsrecht, das bei den Ärzten Qualitätsverbesserungen gebracht haben. Es mußten dafür nicht erst Ärzte reihenweise ins Gefängnis. Und so sind auch in der Justiz strukturelle Verbesserungen mit Maßnahmen unterhalb des Strafrechts möglich.

Da Sie die "persönliche Haftung" anführen: Ich habe in meinem Beitrag http://blog.delegibus.com/2013/02/24/der-fall-mollath-ein-mehrpersonenst... (Abschnitt "Rechtliche Aufarbeitung") das Thema der Haftung als Qualitätsregulativ angetippt. An Sie als Arzt die Frage: Wie ist es in der Praxis? Ärzte dürften ausnahmslos haftpflichtversichert sein (jedenfalls wenn sie nicht verbeamtet sind wie etwa an Bezirkskrankenhäusern). Was bleibt im Haftungsfall tatsächlich an ihnen hängen? Selbstbehalt? Prämienerhöhung? Kündigung bei wiederholtem Versicherungsfall?

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@ O. Garcia

 

Ärzte, auch Chefärzte an bayerischen Berirkskliniken sind Angestellte und keine Beamte. Die Rechtsform der Kliniken ist unterdessen meist die eines kommunalen Eigenbetriebs.

 

Verbeamtet ist unter den Gutachtern in Bayern - von Universitätsprofessoren abgesehen - lediglich der sogenannte "Landgerichtsarzt". Unter den "Landgerichtsärzten" gibt es aber auch vereinzelte angestellte Ärzte.

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Heinz B. schrieb:

@ O. Garcia

 

Ärzte, auch Chefärzte an bayerischen Berirkskliniken sind Angestellte und keine Beamte. Die Rechtsform der Kliniken ist unterdessen meist die eines kommunalen Eigenbetriebs.

 

Verbeamtet ist unter den Gutachtern in Bayern - von Universitätsprofessoren abgesehen - lediglich der sogenannte "Landgerichtsarzt". Unter den "Landgerichtsärzten" gibt es aber auch vereinzelte angestellte Ärzte.

Danke für den Hinweis. Da für Art. 34 GG nicht der statusrechtliche Beamtenbegriff gilt, bleibt immerhin die Argumentation in meinem Beitrag von dem Irrtum unberührt.

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O. García schrieb:
@psychofan Ich bin fast in jedem Punkt Ihrer Meinung. Nur im Punkt der Strafandrohung müssen wir "nachverhandeln". Wie Sie ja schreiben, waren es das Berufsrecht und das Haftungsrecht, das bei den Ärzten Qualitätsverbesserungen gebracht haben. Es mußten dafür nicht erst Ärzte reihenweise ins Gefängnis. Und so sind auch in der Justiz strukturelle Verbesserungen mit Maßnahmen unterhalb des Strafrechts möglich. Da Sie die "persönliche Haftung" anführen: Ich habe in meinem Beitrag http://blog.delegibus.com/2013/02/24/der-fall-mollath-ein-mehrpersonenst... (Abschnitt "Rechtliche Aufarbeitung") das Thema der Haftung als Qualitätsregulativ angetippt. An Sie als Arzt die Frage: Wie ist es in der Praxis? Ärzte dürften ausnahmslos haftpflichtversichert sein (jedenfalls wenn sie nicht verbeamtet sind wie etwa an Bezirkskrankenhäusern). Was bleibt im Haftungsfall tatsächlich an ihnen hängen? Selbstbehalt? Prämienerhöhung? Kündigung bei wiederholtem Versicherungsfall?

Berufsrecht und Haftungsrecht sind die eine Möglichkeit, Ärzte zu disziplinieren. Jedoch haben Sie selbst schon ausgeführt, dass im Haftungsfall nur wenig am Arzt "hängen bleibt". Ärzte müssen jedoch stets damit rechnen, wegen Körperverletzung oder Betrugs auch strafrechtlich belangt zu werden. Für die Verurteilung wegen Körperverletzung genügt schon die fehlende bzw. mangelhafte Aufklärung des Patienten (mit hierdurch bedingter fehlender Zustimmung zur Körperverletzung). Für die Verurteilung wegen Betruges bedarf es gar keiner "Luftleistungen" (also abgerechnete, aber nicht durchgeführte Behandlungen). Da genügen schon Leistungen, die ordentlich erbracht wurden, bei denen aber irgendeine "winzige Formalität" (winzig zumindest in den Augen des Arztes) nicht beachtet wurde (z.B. Erbringung der Leistung durch einen nicht genehmigten Assistenten oder Kontrastmittelgabe durch eine Arzthelferin oder Gemeinschaftspraxis mit Nullbeteiligung eines Partners, um nur ein paar aktuelle Beispiele zu nennen).

Wenn also ein Richter eine (in seinen Augen) "winzige Formalität" nicht einhält, warum soll es ihm strafrechtlich besser gehen als dem Arzt?

Aber letztendlich bin ich der guten Sache wegen kompromissbereit und würde mich schon freuen, wenn es in der Justiz eine Qualitätskontrolle mit Sanktionen unterhalb des Strafrechtes gäbe (wir wollen doch nicht jedes Jahr 100 Richter als tüchtige Beamte und Staatsdiener wegen solcher Kleinigkeiten verlieren - wenn es denn nicht noch mehr wären).

 

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psychofan schrieb:

Berufsrecht und Haftungsrecht sind die eine Möglichkeit, Ärzte zu disziplinieren. Jedoch haben Sie selbst schon ausgeführt, dass im Haftungsfall nur wenig am Arzt "hängen bleibt". Ärzte müssen jedoch stets damit rechnen, wegen Körperverletzung oder Betrugs auch strafrechtlich belangt zu werden. Für die Verurteilung wegen Körperverletzung genügt schon die fehlende bzw. mangelhafte Aufklärung des Patienten (mit hierdurch bedingter fehlender Zustimmung zur Körperverletzung). Für die Verurteilung wegen Betruges bedarf es gar keiner "Luftleistungen" (also abgerechnete, aber nicht durchgeführte Behandlungen). Da genügen schon Leistungen, die ordentlich erbracht wurden, bei denen aber irgendeine "winzige Formalität" (winzig zumindest in den Augen des Arztes) nicht beachtet wurde (z.B. Erbringung der Leistung durch einen nicht genehmigten Assistenten oder Kontrastmittelgabe durch eine Arzthelferin oder Gemeinschaftspraxis mit Nullbeteiligung eines Partners, um nur ein paar aktuelle Beispiele zu nennen).

Verfahren wegen zivilrechtlicher Arzthaftung sind Alltagsgeschäft (wie ich aus eigener Praxiserfahrung weiß). Daß aber auch die - eigentlich parallel laufende - strafrechtliche Arzthaftung eine ähnliche Praxisbedeutung hätte, ist mir neu. Ich lasse mich da gerne aufklären. Verfahren wie BGH, http://dejure.org/2007,1049 scheinen mir seltene Ausnahmen zu sein.

Zur Klarstellung: Nach jetzigem Kenntnisstand bin ich der Meinung, daß sich VRiLG i.R. Brixner wegen Rechtsbeugung strafbar gemacht hat und ich gehe davon aus, daß er zu einer Freiheitsstrafe (mit oder ohne Bewährung) verurteilt werden wird.

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Sollte Gustl Mollath noch im April aus der bayrisch-forensischen Psychiatrie freikommen, wäre es ein grosser Erfolg seiner nächsten Angehörigen: zuallernächst http/www.gustl-for.help.de zu denen ich erst im Okt. 2012 stiess, also unter "ferner liefen" laufe. Jedenfalls, das wäre schon mal schön.

Damit wäre "Causa Mollath" aber nicht abgeschlossen. Die juristische Aufarbeitung, insbesondere den Mangel an Rechtsstaatlichkeit, den führen Wolff, Garcia, Muller in ihren Blogs auf, und zuerst haben das einige engagierte Teilnehmer getan.

Nun, warten wir ab? Weiter gehts

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Gustl Mollath könnte im April freikommen (BR)

Ursprünglich sollte über Mollaths weitere Unterbringung am 30. Juli entschieden werden. Dieser Termin sei nun vorverlegt worden, sagte der Bayreuther Justizsprecher am Montag (08.04.13). Die Strafvollstreckungskammer prüft routinemäßig jedes Jahr, ob die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt fortgesetzt werden muss.
Grund für die Terminänderung sei ein Antrag von Mollaths Verteidigern, so der Sprecher weiter. Mollath werde für die Überprüfung in einer nichtöffentlichen Sitzung angehört.

Warum der BR das LG Bayreuth allerdings nach Mittelfranken verortet, bleibt wohl das Geheimnis eines vermutlich ober- oder niederbayrischen Redaktionspraktikanten ...

http://hl.onlinestuffs.com/uploads/originals/y3/08/xo/cf.jpg

Mollath wurde nicht zum Opfer gemacht, weil er ein Mann ist, sondern weil er aus Sicht der Akteure auf der falschen Seite stand und Systemunrecht aufdecken wollte, und Petra M. wurde nicht begünstigt, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie auf der "richtigen" Seite stand.

 

Das halte ich für eine nicht haltbare Theorie.

 

Tatsache scheint aber zu sein, wenn ein Mensch einmal eine Diagnose einer psychische Krankheit bekommen hat, übernehmen das später viele andere einfach. Siehe zB. den Focus Leiter.

 

Und wirkliche schwere psychische Folgen wie lebenslange Posttraumatische Belastungsstörungen nach Verbrechen werden von Staranwälten ins Lächerliche gezogen.

 

 

 

 

 

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@ Winfried Sobottka

Es gibt da Statistiken die etwas mehr aussagen, als Einzelfälle.

Angezeigt werden nur 6 - 8 % der Fälle von Gewalt.

 Davon wird wieder nur ein kleiner Teil verurteilt.

Das Problem liegt daran, weil meist Aussage gegen Aussage steht und eine Verurteilung erschwert.

Deshalb erscheint das Urteil gegen Herrn Mollath für mich aus diesem Grund schon unglaubwürdig....ausser man hat gute Beziehungen zu den richtigen Leuten.

Mir geht es auch darum ob es im Sinne von Herrn Mollath ist, dass  P. Maske event. zum Sündenbock gemacht werden soll und die Verantwortlichen sich die Hände in Unschuld waschen.

 

 

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@Freiheit: inwiefern kann Frau Maske zu unrecht als "Sündenbock" bezeichnet werden, wenn die ganze Geschichte nur auf ihren Aussagen und ihrer Initiative beruht? Sie hat skrupellos jemanden in ein Loch gelogen und hält dies nun schon seit sehr vielen Jahren durch.

 

Das ist aber nicht der Skandal, denn so etwas probieren vermutlich tatgtäglich viele Menschen in diesem Land.

 

Der Skandal ist, dass es in unserem Rechtssystem möglich ist, damit erfolgreich zu sein, weil alle Entscheider falsch handeln und urteilen. Neben Brixner muss man hier die größte Schuldzuweisung vor allem bei den Staatsanwaltschaften vornehmen, die ihren Aufgaben in keiner Weise gerecht geworden sind.

 

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Selbstverständlich werden in jeder Form von Paarkonflikt reflexhaft dem Mann die "Täterrolle" und der Frau die "Opferrolle" zugeschrieben. (Dieses Muster wird auch munter weiter von der Politik, BUndesminsiterium für Familie, auch immer SZ wieder verfangene Woche, alles mit Steuergeldern bezahlt).

 

Auch im Fall Mollath erfolgten sofortige Maßnahmen, als Frau M. ihn anzeigte. Das Haus wurde durchsucht, nachdem Frau M. behauptete, ihr Mann habe Waffen. Strafanzeigen von Herrm Mollath wurde nicht nachgegangen. Das ist üblich auch ohne HVB-Verstrickungen. 

 

Und bis heute wird diese gesamte Posse von der bayerischen Justizministerin so dargestellt, dass Herr Mollath zurecht im forensischen Massregelvollzug weggesperrt sei, weil er "seine Frau gewürgt" habe, eine "Freiheitsberaubung" gegen sie begangen habe....unterm Strich die üblichen plakativen Entwertungen vermeintlich "gewalttätiger" Männer, die jede Maßnahme dieser aus dem Ruder laufenden Jusitz in der Öffentlichkeit "plausibel" erscheinen lassen.

 

 

 

 

 

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@ Franzerl

Nein ich habe nicht gemeint P.Maske würde zu Unrecht z.Sündenbock gemacht...sie ist eindeutig die Urheberin.

Verräumt wurde G. Mollath jedoch von der Justiz.

 

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Zuletzt wurde hier diskutiert, wem nun die "Schuld" zu geben ist dafür, was Herrn Mollath passiert ist bzw. was ihm bis heute passiert.

Außer den beiden beteiligten Personen weiß keiner, was an dem Tag im Haushalt M. tatsächlich passiert ist, an dem Herr Mollath seine Frau geschlagen und gewürgt haben soll. Weder für die  eine noch die andere Version sehe ich hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, um dies hier abschließend beurteilen zu können. Zumindest für diesen Sachverhalt lässt sich von außen deshalb aus meiner Sicht (derzeit) weder eine reine Erfindung der Frau M. behaupten, noch das Gegenteil, eine Täterschaft Herrn Mollaths.

Sicher bin ich allerdings darin, dass die im Urteil wiedergegebenen Beweise (Aussage plus "Attest") nicht ausreichend sind  für eine Verurteilung. Dasselbe gilt auch für die anderen im Urteil festgestellten Taten.

Ebenso wenig weiß ich mit Gewissheit, ob oder ob nicht Herr M. unter einer psychischen Störung litt oder leidet, die sein Verhalten mitbestimmt (hat). Sicher bin ich allerdings darin, dass der gutachtliche Nachweis einer solchen Störung und insbesondere, dass sie schon die mehrere Jahre frühere Straftat mitbestimmt habe, nicht gelungen ist. Somit bin ich auch sicher, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 63 StGB nicht gegeben waren. Auch die späteren Gefährlichkeitsprognosen, die jeweils auf die im Urteil festgestellten Sachverhalte und im ersten Gutachten daraus gefolgerte Gefährlichkeit Bezug nahmen, überzeugen nicht.

Zudem weisen die Verfahrensfehler zu Lasten Herrn Mollaths alle in die Richtung, dass man ihm - z.T. in rechtsbeugender Weise - effektiv rechtliches Gehör verweigert hat.

Obwohl Anlass der Unterbringung eine (möglicherweise sogar auf die Unterbringung zielende) Lüge der Frau M. gewesen sein könnte, so liegen doch erhebliche Anteile bei den professionell Beteiligten, die fehlerhaft bis falsch entschieden haben und bei denjenigen, die ihn be- und verurteilt haben.

 

 

 

Eine Frau in Rage kann durchaus sagen: Ich mache dich fertig. Ein Mann auch.

Gefühle vernebeln den Verstand.

Aber welche Entschuldigung hatte Richter und Co. ? Dort waren doch keine Gefühle im Spiel.

Und ob die Frau M. nachdem die Rage sich gelegt hatte, dann einfach an das geglaubt hat, was für sie am Bequemsten war - Richter und Psychiater - weiß man nicht. Mit Sicherheit war sie sich bewusst, dass Macht und Verantwortung bei denen war. Und der Mensch glaubt an das, was er/sie will - und oft auch an das, was sich finanziell lohnt.

Bei Herr und Frau M. hatte Frau M. eigentlich die typische Männerrolle. Sie war für das Geld zuständig.

Geld ist Macht. Obwohl ich glaube, dass ich nur so frei agieren kann, weil ich nichts zu verlieren habe. Bez. bereit bin evt. Repressailen hinzunehmen - und das kann auch Macht sein.

Ändert aber nichts daran, dass Geld nun mal ein Machtfaktor ist und es befindet sich meistens bei Männern - deswegen stimme ich Freiheit zu, auch wenn ich M.Deeg an deine Opferrolle nicht zweifle. (Ich erlaube mir zu Dutzen - erstens sind wir gleichältrig und "kennen" uns eine Weile.)

Freiheit bringt ein wichtiges Argument. Es geht Herr Mollath darum, wie so etwas in einem Rechtsstaat passieren kann, nicht um irgendwelche Rollenklischees.

Und das Gericht reagiert willkürlich auf sog. Retter- und Opfer-Abos. Meistens hat man sich woanders unbeliebt gemacht und die Klischees dienen als Vorwand. Und dass diese Klischees mit Beweisführung nichts zu tun haben, darüber muss man die Gerichte nicht aufklären, das wissen sie schon. Fraglich bleibt, warum sie sich dennoch davon bedienen.

Gruss

Tine Peuler

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Sehr geehrter Psychofan,

dass häusliche Gewalt durch Frauen unterschätzt wird, trifft zu. Über den prozentualen Anteil (30-50 %?) ist mir aber keine seriöse Studie bekannt. Hinsichtlich allg. Kriminaliät trifft es ebenfalls durchaus zu, dass Frauen in den Institutionen einen gewissen "Bonus" haben. Allerdings weisen alle mir bekannten (Dunkelfeld)Studien über fast alle Deliktskategorien hinweg und fast überall auf der Welt  tatsächlich einen wesentlich höheren Anteil von Männern an der Straftatenbegehung aus. Je schwerwiegender das Delikt, desto höher der männliche Anteil.  Die Gründe dafür sind vielfältig, die Unterschiede lassen sich aber wohl nicht allein mit statistischen Konstrukten oder Artefakten erklären.

Im Einzelfall Mollath geht es allerdings nicht um prozentuale Anteile der Frauenkriminaliät oder statistische Durchschnittswerte. Einige geschlechtsspezifische Wertungen mögen im Fall eine Rolle gespielt haben - andere aber weniger. Für allg. Schlussfolgerungen aus der "typischen" Ehesituation  ist die Situation der Mollaths m. E. wiederum zu speziell.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Psychofan,

dass häusliche Gewalt durch Frauen unterschätzt wird, trifft zu. Über den prozentualen Anteil (30-50 %?) ist mir aber keine seriöse Studie bekannt.

Im Fall Mollath spielte das Vorurteil "häusliche Gewalt wird von Männern, nicht von Frauen begangen" insofern eine gewisse Rolle, als Frau Mollath hier ein gesellschaftlich anerkanntes Vorurteil bedienen konnte und ihr Gewaltvorwurf gegen Herrn Mollath somit von vornherein  glaubhaft erschien, während die Verteidigungstrategie des Herrn Mollath (er habe sich nur gewehrt) als reine Schutzbehauptung abgetan wurde. Wenn es tatsächlich Ziel der Frau Mollath war, ihren als störend empfundenen Mann dauerhauft aus dem Verkehr zu ziehen, so war dieses Vorurteil zumindest der Einstieg für die Zwangspsychiatrisierung des Herrn Mollath. Es erleichterte ihr Vorgehen (sofern es denn geplant war, wovon ich ausgehe).

 

In der Tat spielen aber geschlechtspezifische Vorurteile in Fall Mollath insgesamt nur eine untergeordnete Rolle, deshalb nur ganz kurz.

Untersuchungen bzw. Studien zu häuslicher Gewalt gegen Männer gibt es kaum. Hier zwei Beispiele:

 

1) Wetzels, Greve, Mecklenburg u.a. 1995:

ca 1.59 Mio Frauen im Alter zwischen 20 und 59 Jahren mindestens einmal Opfer physischer Gewalt in engen sozialen Beziehungen

demgegenüber ca 1.49 Mio Männer, also nahezu gleich viel.

 

2) http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung4/Pdf-Anlagen/studie-gewalt-maenner-langfassung,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf

(Pilotstudie "Gewalt gegen Männer" des BMFSFJ von 2004; Hauptstudie wurde m.W. bisher nicht durchgeführt. Tendenz: psychische Gewalt bejahen 42% der befragten Männer, physische Gewalt 27 Prozent der Befragten).

 

 

 

 

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Zitat von Herrn Müller:

Ebenso wenig weiß ich mit Gewissheit, ob oder ob nicht Herr M. unter einer psychischen Störung litt oder leidet.....

 

Nach diesem Video und dem ganzen Fall Mollath mit seinen vielen Hintergrundinformationen nun im Internet, habe ich meine Meinung zur Psychiatrie sowieso grundlegend geändert.

 

Diagnose-Wahnsinn - Ein Psychiater warnt vor den Auswüchsen der Psychiatrie

Zum Video (6 Minuten) vom ARD: http://www.youtube.com/watch?v=FCobPYnYyys

Sehr sehenswert

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Sehr geehrter Herr Professor Müller,

Sie schreiben in Ihrem update, dass das LG Bayreuth auch entscheiden könne, dass Herr Mollath weiter inhaftiert bleibt.

 

In anderen Beiträgen hatten Sie geäußert, dass es nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinen Grund zur Unterbringung geben würde.

 

Halten Sie nun eine Entscheidung über Fortdauer der Unterbringung in der derzeitigen Situation für rechtmäßig?

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BR und SZ haben darüber berichtet, dass die Strafvollstreckungskammer in Aussicht gestellt habe, noch im April über die Unterbingung zu entscheiden und Gustl Mollath dazu persönlich anhören zu wollen. Das finde ich interessant.

Gustl Mollaths Rechtsanwältin hat schon im November einen Antrag auf Feststellung der Fehleinweisung gestellt. Darauf ist die Strafvollstreckungskammer bis jetzt nicht eingegangen. Allem Anschein nach ist aber genau dieser Antrag der Grund dafür, dass sie ihre auf die zweite Hälfte des Jahres angesetzte Entscheidung vorgezogen hat.

Im Grunde stellt die Kammer eine Fehleinweisung nicht fest, sondern erklärt die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt, wenn mit Sicherheit feststeht, dass der Untergebrachte nicht oder nicht mehr an einem Zustand leidet, der zu seiner Unterbringung geführt hat. Entscheidend für die Strafvollstreckungskammern ist, dass der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Egal, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung von vornherein nicht vorgelegen haben (Fehleinweisung) oder nachträglich weggefallen sind.

Soweit mir bekannt ist, hat die Strafvollstreckungskammer bis jetzt eine Fehleinweisung nicht geprüft, weil sie keinen Anhalt dafür erkennen konnte. Ihre turnusmäßigen Überprüfungen beschränkten sich daher auf den Wegfall der Einweisungsvoraussetzungen. Dadurch dass sie ihre Entscheidung jetzt aber für April vorgezogen hat, könnte man vermuten, sie werde sich auch erstmals mit den ihr vorgetragenen Gründen für eine Fehleinweisung auseinandersetzen. Man könnte sogar eine positive Tendenz erkennen. Denn die persönlich Anhörung des Untergebrachten ist dafür grundsätzlich weder erforderlich noch üblich.

Sollte die Kammer zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung von vornherein nicht vorgelegen haben und die Einweisung für erledigt erklären, dann könnte das auch Auswirkungen auf das Wiederaufnahmeverfahren haben. Denn dann wäre der mit den Wiederaufnahmeanträgen verfolgte Zweck wohl erreicht, oder nicht?

 

 

 

 

Für eine Entschädigung ist auf jeden Fall eine Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag erforderlich.

 

Zudem bedeutet die Erledigterklärung nur, dass die Unterbringung erledigt ist, während im Wiederaufnahmeverfahren die Tatvorwürfe neu überprüft werden.

Nachdem die wegfallen, fällt damit automatisch die Frage der Unterbringung weg.

 

 

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@Psychofan

wir wollen doch nicht jedes Jahr 100 Richter als tüchtige Beamte und Staatsdiener wegen solcher Kleinigkeiten verlieren - wenn es denn nicht noch mehr wären

Woher wissen wir, dass sie so tüchtig sind. Kein Untersuchungsausschuss wird angekündigt. Bis auf diesen Heindl hat sich in diesem Fachbereich kein Mensch geäußert.

Und Sie können leicht reden. Offensichtlich haben Sie Ihren Job nicht verloren und müssen sich auch nicht mit irgendeiner bescheuerten Diagnose herumschlagen. Ach ja, laut Diagnose besteht mein Wahn darin, dass ich glaube, dass ich gemobbt wurde. Merke: Ich definiere Mobbing als Machtmissbrauch.

Abgesehen davon, läuft in der allgemeinen Medizin auch nicht alles bestens. Ein von vielen Schlüsselwörtern wäre: Organspende.

Wie bei den Gerichten wäre in der Medizin mehr Transparenz wünschenswert. Nur so kann man Missbrauch von Machtpositionen vermindern, wahrscheinlich nicht vermeiden. Meine Meinung.

Gruss

Tine Peuler

 

 

 

 

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Gast schrieb:

@Psychofan

"wir wollen doch nicht jedes Jahr 100 Richter als tüchtige Beamte und Staatsdiener wegen solcher Kleinigkeiten verlieren - wenn es denn nicht noch mehr wären"

Woher wissen wir, dass sie so tüchtig sind. Kein Untersuchungsausschuss wird angekündigt. Bis auf diesen Heindl hat sich in diesem Fachbereich kein Mensch geäußert.

Meine Aussage zur Tüchtigkeit der 100 Richter war ironisch gemeint. Sorry.

 

Gast schrieb:

Und Sie können leicht reden. Offensichtlich haben Sie Ihren Job nicht verloren und müssen sich auch nicht mit irgendeiner bescheuerten Diagnose herumschlagen. Ach ja, laut Diagnose besteht mein Wahn darin, dass ich glaube, dass ich gemobbt wurde. Merke: Ich definiere Mobbing als Machtmissbrauch.

Abgesehen davon, läuft in der allgemeinen Medizin auch nicht alles bestens. Ein von vielen Schlüsselwörtern wäre: Organspende.

Wie bei den Gerichten wäre in der Medizin mehr Transparenz wünschenswert. Nur so kann man Missbrauch von Machtpositionen vermindern, wahrscheinlich nicht vermeiden. Meine Meinung.

Es war nicht mein Ziel zu behaupten, dass in der Medizin alles bestens läuft. Im Gegenteil. Ich wollte einzig zeigen, dass es vor 30 Jahren in der Medizin noch schlimmer war als jetzt, man aber immerhin gewisse Ansätze und Wege gefunden hat, erste Verbesserungen einzuführen (auch bezüglich Transparenz). Der Weg ist immer noch sehr sehr weit. Aber man hat diesen Weg immerhin mal beschritten, im Gegensatz zur Justiz. Hier hat sich seit  50 Jahren nichts geändert (um nicht zu sagen, seit 70 Jahren - aber so böse bin ich auch nicht).

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Sehr geehrte Sofie,

im Update wollte ich nur die theoretischen Entscheidungsoptionen des LG Bayreuth aufführen. Welche Meinung ich selbst dazu vertrete, dürfte mittlerweile relativ bekannt sein. Ich habe ja schon in meinem ersten Beitrag im November vertreten, Herr Mollath müsse umgehend freigelassen werden. Alles, was ich zu dem Fall seither in Erfahrung bringen konnte, hat mich in dieser Auffassung nur bestärkt.

 

Sehr geehrter Herr Kolos, Sie schreiben:

Sollte die Kammer zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung von vornherein nicht vorgelegen haben und die Einweisung für erledigt erklären, dann könnte das auch Auswirkungen auf das Wiederaufnahmeverfahren haben. Denn dann wäre der mit den Wiederaufnahmeanträgen verfolgte Zweck wohl erreicht, oder nicht?

Ich denke, das Wiederaufnahmeverfahren geht mit einer Aufhebung des Urteils einen ganz wesentlichen Schritt weiter, weil dort eben nicht nur die Vollstreckung für erledigt erklärt wird. Daher sehe ich nicht, dass das Rechtsschutzbedürfnis mit Feststellung einer Fehleinweisung entfallen würde (ich denke, darauf wollten Sie hinaus?). Das Wiederaufnahmeinteresse entfällt ja nicht einmal bei vollständiger Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder bei Tod des Verurteilten (§ 361 StPO).

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Neuer Artikel von Marcus Klöckner bei telepolis.

Interessant und relevant eine Aussage von RAin Lorenz-Löblein darin: eine internationale Juristenorganisation habe angeboten, Prozessbeobachtungen im Fall Mollath zu übernehmen

www.heise.de/tp/blogs/8/154969

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