Regierungsentwurf zu § 184 c (Jugendpornografie) deutlich entschärft
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Dieser Beitrag ist zugleich ein Update zu dem von mir vor zwei Monaten erstellten Beitrag "Gesetzgeberischer Murks: Der geplante 184c StGB (Jugendpornografie)".
Dem Bundestag lag zur zweiten und dritten Lesung nunmehr ein gegenüber der Fassung vom September in einigen Punkten entschärfter Entwurf vor:
In die Definition (auch in § 184 b StGB) ist nun wie im geltenden Recht der Begriff „pornografisch“ wieder eingefügt worden, so dass es bei der Anknüpfung der Kinder- und Jugendpornografie an den allg. Pornografiebegriff bleibt. Inwieweit der Begriff „pornografisch“ dann doch anders ausgelegt wird als bei der Erwachsenenpornografie und welche Interpretation bei Jugendpornografie Verwendung finden wird, wird sich wohl erst in der Praxis zeigen (vgl. zuletzt der BGH zur geltenden Norm). Jedenfalls ist dadurch mein erster Kritikpunkt erheblich entschärft worden.
Durch die neue Formulierung des § 184c Abs.4 StGB wird die Gesetzeslage sogar gegenüber der geltenden Regelung verbessert. Nunmehr soll der Strafausschluss nicht mehr vom Alter des Herstellers abhängen, sondern allgemein gelten, wenn es um die einvernehmliche Herstellung von Bildern ausschließlich zum privaten Gebrauch geht. Der neue Absatz 4 soll nun lauten:
„Absatz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 5, und Absatz 3 sind nicht anzuwenden auf Handlungen von Personen in Bezug auf solche jugendpornographischen Schriften, die sie ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt haben.“
Die geänderte Regelung folgt damit auch der Stellungnahme des Kollegen Eisele aus Tübingen. Damit hat sich mein zweiter Kritikpunkt erledigt. Zudem kann auch die in meinem dritten Punkt angesprochene Situation nicht mehr eintreten.
Mein vierter Kritikpunkt (Strafbarkeit des Versendens eines aufreizenden "selfies") bleibt nach dem Wortlaut aktuell, ist aber nunmehr durch die Begrenzung auf Pornografie wesentlich entschärft.
Mein fünfter Kritikpunkt bleibt ebenfalls aktuell, denn nach wie vor ist vom Wortlaut der Ausnahme in Abs.4 nur eine Verbreitungshandlung des Herstellers, nicht aber eine der dargestellten Person selbst ausgeschlossen. Auf die Problematik hatte auch Kollege Eisele in seiner Stellungnahme hingewiesen, sie blieb aber unbeachtet. Man kann darf aber hoffen, dass die h. M. trotz der scheinbaren Bestätigung des Wortlauts durch den Gesetzgeber auch künftig eine erweiternde Auslegung des Abs.4 S.2 dahingehend vornimmt, die Strafbarkeit der dargestellten Person(en) selbst auszuschließen.
Immerhin kann man feststellen, dass die Kritik am Regierungsentwurf nicht unbeachtet geblieben ist.