Der Vorstand wird verurteilt ... und die Firma zahlt
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Wird ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft mit einer Geldstrafe, Geldauflage oder – im Fall eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens – Geldbuße abgeschlossen, ist das Unternehmen häufig bereit die Zahlung zu übernehmen, um darüber keine große öffentliche Diskussion aufkommen zu lassen.
Vorweg: Die Zahlung ist weder als Begünstigung noch wegen Strafvereitelung nach §§ 257, 258 StGB verboten (BGHZ 41, 223, 229; BGHSt 37, 226, 229). Erst recht gilt dies für die Übernahme einer Geldauflage bei Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO.
Dass dies gesellschaftsrechtlich nicht so ohne weiteres geht, hat der BGH vor kurzem im Urteil vom 8. Juli 2014 (II ZR 174/13) festgestellt. Das Bezahlen einer Geldstrafe, Geldauflage oder Geldbuße steht nur dann im Ermessen des Kontrollgremiums, wenn der Manager mit der ihm vorgeworfenen Tat nicht zugleich pflichtwidrig gegenüber der Gesellschaft gehandelt hat. Dies wird nur ausnahmsweise der Fall sein. Vielmehr wird regelmäßig bei einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Dienst eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft vorliegen. In einem solchen Fall muss bei einer Aktiengesellschaft die Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 4 S. 3 AktG der Übernahme der Geldstrafe, Geldbuße oder Geldauflage durch die Gesellschaft zustimmen. Denn steht eine Pflichtverletzung eines Vorstandsmitglieds im Raum, haben die Aktionäre an der Aufklärung großes Interesse.
Der BGH schränkt aber noch weiter ein: der Aufsichtsrat hat insoweit kein Ermessen, eine Pflichtwidrigkeit zu verneinen, und kann sich deshalb nicht die alleinige Kompetenz zur Übernahme der Sanktion zubilligen. Bei der Beurteilung, ob das Verhalten des Vorstands pflichtwidrig ist, geht es nicht um ein unternehmerisches Handlungsermessen, sondern um Fragen des Erkenntnisbereichs, für die von vornherein allenfalls die Zubilligung eines begrenzten Beurteilungsspielraums im Betracht kommt.
Weiterhin: erst nach drei Jahren der etwaigen Tat dürfen die Anteilseigner über die Erstattung entscheiden. Dies folgt aus der von den Bundesrichtern vorgenommene Gleichstellung mit einem Verzicht auf Ersatzansprüche.
Künftig wird es also heißen: der Vorstand wird verurteilt und er zahlt - und eben nicht die Firma, weil sie nicht darf!