Zum 1.8.2013 tritt eine weitere Änderung des BtMG in Kraft: Diesmal betrifft es die „Kronzeugenregelung“ in § 31 BtMG
Gespeichert von Dr. Jörn Patzak am
Die Kronzeugenregelung des § 31 BtMG besagt, dass das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, ganz von Strafe absehen kann, wenn der Täter
1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte (sog. Aufklärungshilfe), oder
2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass Straftaten nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1, von deren Planung er weiß, noch verhindert werden können (sog. Präventionshilfe).
Mit dem 46. StrÄndG vom 10.06.2013 (BGBl. I S. 1497), welches am 1.8.2013 in Kraft getreten ist, wird nun ein Passus eingefügt, wonach dem Täter § 31 BtMG nur dann zu Gute kommen kann, wenn er eine Tat nach den §§ 29 bis 30a BtMG offenbart, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht. Neu ist dies jedoch nicht, da die bisherige Rechtsprechung bereits verlangt hat, dass der Täter selbst einen eigenen Tatbeitrag an den aufgedeckten Taten geleistet haben muss (s. dazu Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Auflage, § 31 Rn. 61 f. m.w.N.). Warum dann diese Änderung?
Hintergrund ist die gleichzeitige Änderung der Kronzeugenregelung im allgemeinen Strafrecht (§ 46b StGB). Hiernach kann der Täter einer mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Straftat auch außerhalb des Betäubungsmittelrechts Strafmilderung erfahren, wenn er
1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 der StPO aufgedeckt werden konnte, oder
2. freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 StPO, von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
In diesem Fällen war es – anders als bei § 31 BtMG - bislang aber nicht erforderlich, dass die aufgeklärte oder verhinderte Tat im Zusammenhang mit der eigenen Tat des Täters steht. Hierdurch konnte sich auch der Täter eines Raubes eine Strafmilderung verdienen, wenn er Angaben zu einer Vergewaltigung eines Dritten machte.
Damit ist jetzt Schluss: Der Gesetzgeber verlangt jetzt mit der Einschränkung des § 46b StGB zum 1.8.2013, dass auch bei § 46b StGB die Tat des Kronzeugen mit der Tat, zu denen er Angaben macht, im Zusammenhang stehen muss (zu den gesetzgeberischen Motiven der Gesetzesänderung siehe den lesenswerten, der Änderung kritisch gegenüberstehenden Beitrag von Peglau, Neues zur „Kronzeugenregelung“ – Beschränkung auf Zusammenhangtaten, NJW 2013, 1910).
Zurück zu § 31 BtMG: Um zu vermeiden, dass durch die Änderung des § 46b StGB nun im Umkehrschluss angenommen wird, dass bei § 31 BtMG jetzt kein Tatzusammenhang mehr erfordert wird, wurde der entsprechende Passus in § 31 BtMG aufgenommen. Letztlich bleibt bei § 31 BtMG damit alles beim Alten, so dass nach wie vor für die strafrechtliche Praxis gilt:
Ein Täter kann sich Vergünstigungen nach § 31 S. 1 Nr. 1 BtMG ausrechnen, wenn er durch Offenbarung seines Wissens
– Taten erhellt, zu denen er selbst einen eigenen Tatbeitrag geleistet hat und
– wenn er das Tatgeschehen über seinen Tatbeitrag hinaus aufklärt.
Der Begriff der Tat wird dabei weit ausgelegt. Es reicht nämlich nach der Rechtsprechung des BGH aus, wenn ein Angeklagter wesentlich dazu beiträgt, dass Teile der Tat oder weitere selbstständige Taten anderer Personen aufgedeckt werden, an denen er zwar selbst nicht in strafbarer Weise unmittelbar beteiligt war, die aber mit der strafbaren Handels- oder Einfuhrtätigkeit des Angeklagten in Verbindung stehen (vgl. Körner/Patzak/Volkmer aaO Rn. 61 m.w.N.). So hat es der BGH beispielsweise ausreichen lassen, dass der Täter einer Einfuhrfahrt weitere Fälle der Einfuhr seiner Mittäter offenbarte, ohne an diesen Fahrten beteiligt gewesen zu sein (BGH NStZ 1991, 290 = StV 1991, 262). Von einem Zusammenhang kann dagegen nicht mehr gesprochen werden, wenn der Aufklärungsgehilfe von einer Betäubungsmitteltat lediglich vom Hören-Sagen weiß (BGH NStZ 1995, 193).