BAG: Wenn Lehrerin einem Erstklässler den Mund zuklebt, ist das ein Kündigungsgrund
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Über einen ungewöhnlichen Kündigungsgrund hatte das BAG (19.4.2012, BeckRS 2012, 74958) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil zu befinden. Konkret ging es um den Vorwurf, die klagende Grundschullehrerin habe zwei Erstklässlern Tesafilm auf den Mund geklebt, weil diese den Unterricht gestört haben sollen. Das Land Sachsen-Anhalt kündigte der Lehrerin daraufhin fristlos. Das BAG führt hierzu aus: Wenn eine Lehrerin ihren Schülern zum Zwecke der Disziplinierung den Mund mit einem Streifen Tesafilm verklebt, so verstoße sie damit massiv gegen ihre Pflichten als Erzieherin. Einer Abmahnung bedürfe es in einem solchen Fall nicht. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass durch eine Abmahnung die Gefahr einer künftigen Wiederholung hätte ausgeschlossen werden können, so wäre der Pflichtenverstoß doch als so schwerwiegend einzustufen, dass dem beklagten Land schon die erstmalige Hinnahme nicht zuzumuten gewesen wäre. Das Vertrauen in ihren nötigen Respekt vor der Verletzlichkeit und Würde der ihr anvertrauten jungen Personen wäre in irreparabler Weise zerstört. Allerdings hat das BAG keine abschließende Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung getroffen. Das BAG gelangt vielmehr zu dem Ergebnis, dass die Vorinstanz nicht ausreichend geklärt habe, ob die Lehrerin den Tesafilmstreifen wirklich zur Disziplinierung auf die Schülermünder geklebt hat. Denn immerhin habe die Lehrerin substanziiert vorgetragen, dass sie den Tesafilm nur auf die Wange der Schüler geklebt habe, und dies auch nicht zur Disziplinierung. Treffe dies zu, sei die Kündigung nicht gerechtfertigt. Dies müsse nun das LAG prüfen.