Verletzen seit Beginn des Jahres die Entscheidungen des 2. Strafsenats des BGH aufgrund des internen Machtkampfs um den Vorsitz den verfassungsrechtlich garantierten Richter?
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL 2/2012 S. 39 berichtet, dass der Vorsitzende des 4. Strafsenats VRiBGH Dr. Andreas Ernemann seit Beginn des Jahres auch dem 2. Strafsenat des BGH vorsteht. Diese Meldung allein würde nur wenige interessieren, stünde nicht dahinter der heftige Streit zwischen dem Präsidenten des Gerichts und RiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer, auf dessen Klage hin es das VG Karlsruhe untersagte, den Konkurrenten zum Vorsitzenden des 2. Strafsenats zu bestimmen. Eine Konkurrentenklage am BGH gab es laut SPIEGEL ONLINE zuletzt vor rund 15 Jahren.
Die Doppelbesetzung - und damit der heftige Streit innerhalb des Gerichts um die Nachfolge von der früheren Vorsitzenden VRiBGH a.D. Dr. Ruth Rissing-van Saan - könnte nun dazu führen, dass die Entscheidungen des 2. Strafsenats seit Beginn des Jahres deshalb verfassungswidrig sind, weil sie den gesetzlich garantierten Richter verletzen. Nach BGH-internen Richtlinien dürfe den Posten eines Vorsitzenden nur übernehmen, wer „mindestens 75 % der Aufgaben als Vorsitzender seines Senats selbst wahrnimmt“.
Die erste Rüge über die vorschriftswidrige Besetzung des 2. Strafsenats soll vorige Woche bereits eingegangen sein. Der Aachener Strafverteidiger Thomas Koll verlangt, wie der SPIEGEL heute berichtet, Auskunft über die Verwaltungsaufgaben und Nebentätigkeiten des Vorsitzenden des 2. Strafsenats und über "Überlastungsanzeigen".
Durch solche bizarren Auswirkungen nimmt der BGH Schaden!