Betriebsratsmitglieder dürfen nicht zum Arbeitskampf aufrufen
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
§ 74 BetrVG stellt Betriebsratsmitglieder, die zugleich gewerkschaftlich organisiert sind, im Arbeitskampf vor eine schwierige Aufgabe. Eindeutig geregelt ist, dass Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unzulässig sind, dass hierdurch jedoch Arbeitskämpfe tariffähiger Parteien nicht berührt werden (Absatz 2). Absatz 3 bestimmt ferner, dass Arbeitnehmer, die im Rahmen dieses Gesetzes Aufgaben übernehmen, hierdurch in der Betätigung für ihre Gewerkschaft auch im Betrieb nicht beschränkt werden. Damit ist klargestellt, dass auch Betriebsratsmitglieder sich aktiv am Arbeitskampf beteiligen dürfen, nur eben nicht gerade in dieser Eigenschaft.
Ein aktueller Beschluss des LAG München (vom 6.5.2010 - 3 TaBVGa 10/10) gesteht dem Arbeitgeber bei Verstößen einen Unterlassungsanspruch (hier: im Verfahren der einstweiligen Verfügung) zu. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats hatte unter Angabe seiner Funktion an alle Gesamtbetriebsratsmitglieder und weitere Betriebsratsmitglieder von einer privaten, aber dem Anschein nach dienstlichen E-Mail-Adresse aus eine E-Mail versandt, mit der er die Adressaten zur Verteilung eines gewerkschaftlichen Aufrufs zur Beteiligung an einem gegen den Arbeitgeber gerichteten Arbeitskampf und zur Verhinderung von Streikbruch-Arbeit aufgefordert hatte. Dies stellt nach Überzeugung des Gerichts einen massiven Verstoß gegen das in § 74 BetrVG geregelte Arbeitskampfverbot dar. Der Arbeitgeber war daher zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs berechtigt. Dass die E-Mail als "VERTRAULICH" gekennzeichnet war, änderte nichts an dieser Beurteilung, da sich der Arbeitgeber die Kenntnis dieser Mail und ihres Inhalts nicht durch aktives Tun verschafft hatte.