Juristische Blogs in Deutschland chancenlos?
Gespeichert von Dr. Michael Karger am
Hat Henning Krieg Recht? In seinem (immer lesenswerten) Blog kriegs-recht.de stellt er mit dem Beitrag "5 Gründe, warum juristische Blogs keine Chance haben - eine Provokation" die Sinnfrage für die deutsche juristische Blog-Szene. Gehen juristische Blogs im allgemeinen digitalen Rauschen unter?
Erst jüngst hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Beitrag "So wahr mir Blog helfe" über die unterschiedliche Online-Debattenkultur in den USA und in Deutschland zum Verfassungsrecht berichtet und - was auch sonst - für Deutschland grosse Defizite festgestellt.Wir sind einfach immer hinterher.
Doch kurz zu einigen der von Krieg genannten Gründe, warum es die juristischen Blogs in Deutschland so schwer haben:
- "Es überwiegen Marketingveranstaltungen": Richtig, aber eigentlich kein Problem, wenn die veröffentlichten Inhalte dem Leser einen (zumindest kleinen zusätzlichen) Erkenntnisgewinn verschaffen. Die reine Wiederholung von Pressemeldungen bringt diesen Mehrwert nicht. Da ist der Leser bei den traditonellen Medien besser aufgehoben.
- "Lawblogs decken nur ein kleines Themenspektrum ab": Richtig, bisher dominieren das Medien-, Internet und IT-Recht kraft Affinität der Autoren zum Medium. In anderen Rechtsgebieten, wie insbesondere im Verfassungsrecht gibt es da noch Nachholbedarf. Allerdings gibt es auch "Sammel-Blogs" mit breitem Spektrum. Beispiel: Das beck-blog.
- "Juristische Blogs haben keine wissenschaftliche Relevanz": Da ist was dran. In guten juristischen Blogbeiträgen steckt viel Arbeit. Ich vermute, dass der Kollege Krieg in seinen Beitrag deutlich mehr als eine Viertelstunde investiert hat (wenn nicht, bin ich zu langsam). Aber anders als im Print-Bereich gilt im Web eben nicht: "Wer schreibt der bleibt." Das klassische Zitat im Print ist die Fußnote, die bleibt für immer, jedenfalls aber solange bis sich das Papier in Staub auflöst. Das digitale Zitat ist das Link, das bleibt zwar auch, verliert aber schnellstens an Aktualität. Was natürlich jeden Blogger freut, ist das Zitat in einer Print-Fußnote, aber - so Krieg zutreffend - die Autoren wissen nicht, wie man einen Blog-Beitrag überhaupt korrekt zitiert. Damit ist ein Zeitinvestment in einen Print-Beitrag für die Autoren noch immer lohnender.
- "Juristische Blogs steuern kaum etwas zum politischen Diskurs bei": Wahrscheinlich schon richtig, dazu fehlt es den juristischen Blogs einfach am Gehör der Öffentlichkeit. Das mag teilweise an der juristischen Fachterminologie liegen, die von vielen Nichtjuristen als eine Art "Geheimsprache" wahrgenommen wird. Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass Juristen traditionell selten klare Position beziehen - teils weil sie es nicht dürfen (Beamte, Richter), teils weil sie es nicht nicht wollen/sollen (Anwälte - es könnte ja gegenwärtige oder künftige Mandate gefährden). Besser haben es da schon die Hochschullehrer und da gibt es einige - um nur Prof. Thomas Hoeren zu nennen - die mit ihrer Meinung wahrlich nicht hinter dem Berg halten und dann auch gehört werden.