Fall Tennessee Eisenberg - neue Erkenntnisse durch Tatrekonstruktion?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Nach Berichten über die letzte Woche stattgefundene Tatrekonstruktion und wiedergegebenen Auskünften des Rechtsanwalts Tronicsek (mandatiert von der Familie Eisenbergs) seien nicht nur die letzten vier Schüsse, sondern auch die ersten beiden Schüsse nicht in einer Notwehr/Nothilfefsituation abgefeuert worden (Quelle). Natürlich ist zu berücksichtigen, dass hier der RA für seine Mandantschaft spricht. Nachdem sich aber die Zweifel an einer eindeutigen Notwehrsituation demnach eher verdichten als zerschlagen, wird man nach meiner Einschätzung um eine Anklageerhebung kaum noch herum kommen. Der Fall hat auch mittlerweile so viel (auch überregionale) öffentliche Aufmerksamkeit erregt, dass eine Rechtsfrieden stiftende Entscheidung wohl nur noch durch ein Gericht nach transparenter Aufklärung im Gerichtssaal ergehen kann (hier die umfangreiche Diskussion im blog dazu). Das bedeutet nicht notwendig, dass die Polizeibeamten auch verurteilt werden. Denn auch wenn sich bestätigen sollte, dass objektiv keine Notwehrlage gegeben war, wird man sich noch fragen, ob die Beamten auch schuldhaft gehandelt haben, oder ob sie in der Situation - überraschend dem ein Messer führenden Eisenberg gegenüber zu stehen - einem zwar fahrlässigen, aber (möglicherweise) nicht schuldhaften Irrtum unterlagen.
Der Darstellung in der Mittelbayerischen Zeitung (Quelle), nach der praktisch nur eine Totschlagsanklage oder eine einem Freispruch gleichkommende Einstellung nach § 170 Abs.2 StPO in Betracht komme, ist daher zu widersprechen - auch eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung kommt in Betracht. Und ob eine Verurteilung erfolgt, hängt ganz von den in der Hauptverhandlung präsentierten Beweisen und der Würdigung derselben ab.