Betreiber von Abzockseiten im Internet und ihre unlauteren Inkasso-Anwälte – tut sich endlich was?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Bis heute können hart am Rand des Betrugs agierende Abzocker mit Hilfe von Drohbriefen ihrer Inkasso-Anwälte im Internet Millionen von Euro einnehmen und auf Kosten von Internetsurfern reich werden. (Liste mit Kostenfallen)
Die Masche, mit zunächst als Gratisangebot erscheinenden Angeboten durch versteckte (oder erst später hinter dem Rücken der Kunden veränderte) AGB (siehe hier) den Usern ein Abo unterzuschieben, hat auch die sozialen Netzwerke erreicht: So lässt es der Anbieter facebook zu, dass Werbetreibende im facebook-Design unter Missbrauch von persönlichen Profildaten Mitglieder in SMS-Abofallen locken. Die Kosten werden schlicht über die Telefonrechnung eingezogen, so dass viele von ihrem „Glück“ gar nichts merken. (Quelle) Besonders perfide ist es, wenn eindeutig an Minderjährige gerichtete Angebote unter Umgehung des Minderjährigenschutzes zum Inkasso führen. Die so agierenden Anwälte drohen den minderjährigen Jugendlichen dann gern mit Betrugsanzeigen, da sie ihr Alter falsch angegeben hätten. Es ist nur eine kleine Minderheit der Rechtsanwälte in Deutschland, die auf diese Weise den Ruf der ganzen Branche beschädigt. Die Rechtsanwaltskammern, die sich schon mit tausenden Beschwerden konfrontiert sehen, scheinen aber hilflos zu sein.
Immerhin wird das morgen (4. August 2009) in Kraft tretende "Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen" die Möglichkeiten des Widerrufs nach § 312 d Abs. 3 BGB verbessern.
"Wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht in Textform belehrt wurde, kann er Verträge über Dienstleistungen, die er am Telefon oder im Internet abgeschlossen hat, künftig grundsätzlich widerrufen und zwar auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen oder der Verbraucher die Ausführung selbst veranlasst hat. Bislang war in solchen Fällen kein Widerrufsrecht mehr vorgesehen. Unseriöse Unternehmer haben diese Regelung gezielt ausgenutzt, um Verbrauchern am Telefon oder im Internet Verträge unterzuschieben. Diesem Verhalten soll das Gesetz nunmmehr durch die Neufassung von § 312d Abs. 3 BGB die Grundlage entziehen." (vgl. BGBl I 2009, Nr.49, S. 2413)
Das Widerrufsrecht erlischt nur, wenn beide Seiten die Forderung - auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers - erfüllt haben. Jedoch hatten auch die bisherigen Abofallen meist keine durchsetzbare rechtliche Grundlage und trotzdem haben sie funktioniert, weil die Anwälte mit ihren Drohbriefen eben doch in vielen Fällen Erfolg hatten.
Nun fordert der Bundesverband der Verbraucherzentralen weiteren verbesserten gesetzlichen Schutz gegen solche Machenschaften. (Quelle) Man sollte in den nächsten Wochen bis zur Bundestagswahl einmal nachhorchen, ob sich eine Partei dieses Problems annimmt.
Hier an dieser Stelle könnte einmal diskutiert werden, wie man noch gegen Abzocker und ihre Anwälte gesetzlich vorgehen könnte. Weniger sinnvoll wäre eine Stoppschildpolitik a la von der Leyen (siehe aber hier).
Jedoch: In einem Strafrecht, das - gestützt durch Rspr. des BGH und BVerfG - die Bestrafung von Schwarzfahrten (ohne Umgehung von Zugangssperren) vorsieht, sollte m. E. auch die Möglichkeit bestehen, solche Verhaltensweisen zu ahnden.