Das Mädchen Bock
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Für ihre Tochter bestimmten die verheirateten Eltern den Familiennamen der Mutter zum Geburtsnamen und erklärten, das Kind solle die Vornamen „Clara Elisabeth Bock“ erhalten. Der Name „Bock“ ist der von dem Vater auch nach der Eheschließung fortgeführte Geburtsname. Zur Begründung der Wahl des dritten Vornamens „Bock“ gaben die Eltern an, hierdurch solle die Verbundenheit des Kindes mit seinem Vater zum Ausdruck gebracht werden. Außerdem solle hierdurch eine Verbindung zu den koreanischen Wurzeln hergestellt werden, da die Großmutter mütterlicherseits, die seit 1975 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ursprünglich aus Korea stammt und Bock im Koreanischen „Glück“ bedeute. Des Weiteren verwiesen sie auf eine Bestätigung des koreanischen Generalkonsulats, wonach es sich bei „Bock“ um einen gebräuchlichen koreanischen männlichen Vornamen handele, wobei es in Korea keine Vorschrift gebe, bei der Vergabe von Vornamen darauf zu achten, ob das Kind weiblich oder männlich sei. Das Standesamt hielt die Eintragung des dritten Vornamens „Bock“ für unzulässig.
Das Landgereicht gabe dem Standesamt recht. Bei „Bock“ handele es sich im deutschen Sprachkreis nur um einen gebräuchlichen Familiennamen, so dass keine Eignung zur Kennzeichnung der Individualität des Kindes bestehe, da er weder einem ausländischen noch einem im deutschen Sprachkreis bekannten herkömmlichen weiblichen Vornamen phonetisch ähnele. Darüber hinaus widerspreche „Bock“ als Vorname dem Grundsatz der Geschlechtsoffenkundigkeit, da er im deutschen Sprachgebrauch eindeutig zur Bezeichnung männlicher Tiere verwendet und im übertragenen Sinne lediglich auf Männer bezogen werde. Schließlich sei die Verwendung von „Bock“ als Vorname auch unzulässig, weil sie auf Grund naheliegender Assoziationen wie etwa „alter Bock“ „sturer Bock“ „geiler Bock“ „bockig“ „null Bock“ gerade für ein Mädchen Anlass für Hänseleien, Belästigungen und Behinderungen biete. Hierbei sei die kumulative Wirkung der teilweise sexuell motivierten Wortspiele und Anzüglichkeiten mit der Verwendung eines eindeutig geschlechtsfremden Vornamens zu berücksichtigen.
Anders das OLG Frankfurt (Beschluss vom 03.05.2011 - 20 W 284/10):
Wie der BGH im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG und in Abkehr von einer früher häufig vertretenen Rechtsauffassung entschieden hat, sind auch Namen, die – zumindest bisher – nur als Familiennamen gebräuchlich sind, nicht generell und ohne konkrete Beeinträchtigung des Kindeswohls als wählbare Vornamen ausgeschlossen. Eine solche Beeinträchtigung soll nur dann möglich sein, wenn der bislang nur als Familienname gebräuchliche Name nicht geeignet erscheint, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen (vgl. BGH, NJW 2008, 2500). Der BGH hat in dieser Entscheidung hervorgehoben, dass die Verwendung eines üblicherweise als Familienname bekannten Namens als Vorname zwar für Dritte erklärungsbedürftig erscheinen kann, dies jedoch keine Besonderheit von Namen darstellt, die üblicherweise nur als Familienname gebräuchlich sind, weil das geltende Recht keine Beschränkung auf einen vorgegebenen Kanon von Vornamen kennt und das Namenswahlrecht der Eltern auch die Befugnis zur Bestimmung von im hiesigen Rechtskreis ungebräuchlichen oder der Phantasie entstammenden Vornamen umfasst.
Entgegen der Auffassung des LG kann der Entscheidung des BGH insoweit jedoch nicht die Einschränkung entnommen werden, dass ein als Familienname gebräuchlicher Name nur dann zum Vornamen gewählt werden darf, wenn er dem Klang eines herkömmlichen Vornamens phonetisch nahe kommt. Auf eine diesbezügliche Ähnlichkeit hat der BGH in seiner Argumentation lediglich zur Abgrenzung darauf zurückgegriffen, dass besondere Gründe des Kindeswohls die Verwendung eines besonders häufig verbreiteten Familiennamens dann ausschließen können, wenn sie nicht geeignet erscheinen, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen. Dies ist hier jedoch nicht gegeben, da der Name „Bock“ im deutschen Sprachraum zwar bisher nur als Familienname geläufig ist, jedoch nicht derart häufig vorkommt, dass er ungeeignet wäre, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen. Eine andere Einschätzung würde letztlich eine Rückkehr zu der früheren an einer sozialen Ordnungsfunktion ausgerichteten Betrachtung der Tauglichkeit von Namensarten als Vornamen bedeuten, die das BVerfG jedenfalls bei der Verwendung neben weiteren und unzweifelhaft als Vornamen zu identifizierenden Vornamen als grundgesetzwidrig eingestuft hat.
Der BGH hat darüber hinaus in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass das deutsche Recht den generellen Verbrauch des von einem Elternteil geführten Familiennamens als Vornamen des Kindes nicht kennt und dessen Auswahl als (weiteren) Vornamen für das Kind als durchaus identitätsstiftend und im Sinne der Herstellung einer besonderen Beziehung zu diesem Elternteil als durchaus förderlich im Sinne des Kindeswohls eingestuft. In diesem Zusammenhang hat der BGH zusätzlich darauf verwiesen, dass eine mögliche Umgehung der gesetzlichen Regelung, wonach Eltern ihrem Kind nicht einen aus ihren beiden Namen zusammengesetzten Doppelnamen als Geburtsnamen erteilen können, nicht geeignet ist, als Verbot für einen bestimmten Vornamen herangezogen zu werden.
Zugelassen wurden von der Rechtsprechung als weitere Vornamen Anderson (BGH a.a.O.), Lütke (BGH FamRZ 2008, 1331) und auch Schmitz (OLG Köln StAZ 2002,43)