Warum Tatort-Krimis immer schlechter werden: Der offene Brief der Drehbuchautoren
Gespeichert von Prof. Dr. Thomas Hoeren am
Ich frage mich schon seit langem, warum die meisten Tatortkrimis im Ersten langweilig sind. Man wittert schlechte Drehbücher mit unglaubwürdigen Plots, hölzernen Dialogen und diffusem Handlungsstrang.
Jetzt weiß ich, warum: Ich habe den jüngst veröffentlichten "Offenen Brief" der Tatort-Drehbuchautoren pro Urheberrecht gelesen. Zum Inhalt will ich gar nicht Stellung beziehen (das haben andere getan; siehe Link auf CCC unten). Aber sieht man sich die zahlreichen Stil- und Grammatikfehler in der Pressemitteilung zum "Brief" an, ahnt man, was beim Tatort u.a. falsch läuft. Hier die sprachliche Analyse der Pressemitteilung (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) - der Text des Offenen Briefes ist noch konfuser:
"Die Auseinandersetzung um das Urheberrecht tobt mit zunehmender Heftigkeit, bislang behaupten aber die Grünen, Piraten, die sogenannte Netzgemeinde und junge Netzpolitiker[1] aller Parteien[2] die Deutungshoheit und erklären der analogen Gesellschaft, dass das „viel zu komplizierte Urheberrecht“ dringend modernisiert werden müsse, dass die Nutzer besser gestellt werden müssten, dass das "Teilen des Wissens" einfach zum Internet gehöre, dass das geistige Eigentum lediglich "ein Kampfbegriff der Verwertungsindustrie" und ohnehin "jeder User ein Künstler“ sei.[3]
Und die etablierte Politik?[4] Die schwarz-gelbe Regierung, die den Urhebern im Koalitionsvertrag noch einen besseren Schutz der Kreativen[5] Leistungen[6] im Internet versprochen hatte, hat offenbar ihre Bemü-hungen[7] mehr oder minder[8] eingestellt, insbesondere das Justizministerium[9]. Ansonsten herrscht[10] vor allem Opportunismus, Kleinmut und Schweigen - die Wahlerfolge der Piraten scheinen das[11] noch zu verstärken.
Diese durchaus[12] bedrohliche Gemengelage wollen die Urheber[13] nicht länger schweigend[14] hinnehmen, einzelne Künstler mischen sich laut und vernehmlich ein. Auch die deutschen Drehbuchautoren haben nun ihren Protest[15] und ihre politischen Forderungen formuliert. Nicht um einen Dialog zu beenden[16], sondern um einen Dialog überhaupt erst zu beginnen.[17] Denn das ist der eigentliche Skandal der Netzpolitik: Mit all denen, deren professionelle Produkte[18] die User so begehrenswert finden, mit den Autoren, Fotografen, Designern[19], Komponisten und Architekten[20] und alle die anderen Urheber[21] haben die Netzpolitiker bis heute nicht ernsthaft gesprochen.
Um das zu ändern, haben bislang 51 Drehbuchautorinnen und -autoren, die mehr als 200 der beliebten[22] Tatorte geschrieben haben - auch im Namen ihrer Kollegen[23] - einen offenen Brief verfasst: an die Abgeordneten der relevanten Fachausschüsse und der EnqueteKommission[24] des Bundestages, insbesondere an die Grünen und die Linke, aber auch an den Bundesvorstand der Piraten und die schwer greifbare, aber im Schutz ihrer Anonymität polternde Netzgemeinde[25]."
[1]Hier sollte einheitlich gendergerecht formuliert werden. Unten wird korrekt von „Autorinnen" gesprochen.
[2]Die Kette ist unklar. Erst werden Grüne und Piraten, dann junge „Netzpolitiker aller Parteien“ genannt.
[3]Kettensatz - am Ende nicht mehr verständliche Verschachtelung von Haupt- und Nebensätzen.
[4]Zur etablierten Politik gehört dann sprachlich durch die Abgrenzung erster und zweiter Block nicht die Partei der Grünen.
[5]„kreativ“ wird klein geschrieben.
[6]Das Urheberrecht schützt Werke, nicht Leistungen (zumindest in bezug auf Urheber)
[7]Falscher Bindestrich.
[8]Einstellen kann man nicht „mehr oder minder“.
[9]Unklar: Bundes- oder Landesjustizministerium.
[10]Herrschen.
[11]Worauf bezieht sich „das“? Ein Schweigen kann man nicht verstärken.
[12]„Durchaus“ ist Füllsel.
[13]Der Verband der Drehbuchautoren dürfte wohl nur für Drehbuchautoren sprechen, nicht für „die Urheber“.
[14]Wiederholung „schweigend“ zu Satz vor „Schweigen“.
[15]Einen „Protest“ kann man nicht formulieren.
[16]Welcher Dialog sollte hier denn beendet werden? Überflüssig.
[17]Anakoluth.
[18]Sind die Werke von Amateuren nicht urheberrechtlich geschützt?
[19]Die Leistungen von Designern sind regelmäßig nicht urheberrechtlich geschützt, sondern allenfalls geschmackmusterrechtlich abzusichern.
[20]Architekten sind bislang als Opfer der „Netzgemeinde“ unbekannt.
[21]Schwerer Fehler: „all den anderen Urhebern“.
[22]Das ist eine Unterstellung.
[23]Hier fehlt der notwendige Legitimationsnachweis oder handelt es sich um ein Handeln ohne Vollmacht? Welche Kollegen sind denn gemeint? Die anderen DrehbuchautorInnen? TatortdrehbuchschreiberInnen?
[24]Bindestrich fehlt oder Großschreibung „Kommission“ entfernen.
[25]Einen Brief an die „Netzgemeinde“, eine Art offerta ad incertas personas? Die „Netzgemeinde“ ist eine Metapher. An eine „Metapher“ kann man keinen Brief schicken.
http://www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2012/03/pressemitteilung-zu-of...
Antwort des CCC
http://ccc.de/updates/2012/drehbuchautoren
Blogdiskussion
http://www.heise.de/newsticker/meldung/CCC-antwortet-auf-Demagogie-Vorwu...