BAG: Keine Haftung des Arbeitgebers für Selbstmord
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Das BAG (Urteil vom 24.4.2008, Az.: 8 AZR 347/07) hat in letzter Instanz die Schadensersatzklage der Witwe und Alleinerbin eines Arbeitnehmers abgewiesen, der sich - so der Vorwurf der Klägerin - wegen Mobbings das Leben genommen hatte. Vorangegangen war eine betriebsbedingte Kündigung, die der beklagte Arbeitgeber jedoch im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht zurückgenommen hatte. Im Anschluß an diese gerichtliche Auseinandersetzungen mußte der Arbeitnehmer seinen Zentralschlüssel abgeben und wurde in die Stanzerei versetzt. Die Klägerin hielt diese und weitere Anordnungen für "Mobbing", das letztlich zu dem Selbstmord ihres Mannes geführt habe. Das BAG stellt in diesem Zusammenhang nochmals klar, dass "Mobbing" kein Rechtsbegriff und damit auch keine Anspruchsgrundlage sei. Mache ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund "Mobbings" geltend, müsse jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den jeweiligen Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen habe. Allerdings könne auch die Gesamtschau der einzelnen Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führen, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führe. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines vertraglichen oder deliktischen Schadensersatzanspruchs sah das BAG im konkreten Fall als nicht gegeben an. Selbst wenn einzelne Pflichtverletzungen angenommen werden könnten: entspräche es nicht dem regelmäßigen Lauf der Dinge, dass der Arbeitnehmer dadurch eine solch schwere gesundheitliche Beeinträchtigung erleidet, dass diese zum Selbstmord führten. Schadensersatzansprüche der Hinterbliebenen werden demnach in dieser Konstellation wohl nur selten in Betracht kommen, etwa wenn es erkennbare Anhaltspunkte für eine Suizidgefährdung des Arbeitnehmers gegeben hat.