LAG Köln: Altersdiskriminierung in der betrieblichen Altersversorgung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 15.08.2016
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4087 Aufrufe

Über Diskriminierungen wegen des Alters ist an dieser Stelle bereits des Öfteren berichtet worden. Hier folgt ein weiterer Fall, der wieder einmal neue Facetten dieses Benachteiligungsverbots beleuchtet:

Der Kläger verlangt vom beklagten Pensions-Sicherungs-Verein aG die Zahlung der Betriebsrente, die ihm von seiner insolventen Arbeitgeberin zugesagt worden war. Nach dem Inhalt der Versorgungszusage sollte er bereits ab dem 55. Lebensjahr Altersrente erhalten. Als die Arbeitgeberin zahlungsunfähig wurde, war der Kläger 58 Jahre alt. Der PSVaG erkennt seine Leistungspflicht dem Grunde nach an, will allerdings mit den Rentenzahlungen erst beginnen, wenn der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet. Unter Berufung auf die bisherige Judikatur des BAG meint er, erst ab diesem Alter handele es sich bei den versprochenen Zahlungen der insolventen Arbeitgeberin um „Leistungen der Altersversorgung“ iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Daher beginne auch erst zu diesem Zeitpunkt seine Leistungspflicht als Insolvenzversicherer (§ 7 Abs. 1 BetrAVG). Der Kläger erblickt hierin eine Benachteiligung wegen des Alters. Ihm seien von seiner Arbeitgeberin die Rentenleistungen bereits ab dem 55. Lebensjahr zugesagt worden, hieran sei der PSVaG gebunden. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg:

1. ...

2. Nicht jedes Lebensalter ist auch „Alter“ iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Die betriebliche Altersversorgung soll dazu dienen, die Versorgung des Arbeitnehmers nach dessen Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu sichern oder zu verbessern (vgl. BAG 17.9.20083 AZR 865/06 – Rn. 28, BAGE 128, 1 = AP BetrAVG § 7 Nr. 144). Deshalb liegt Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG nur vor, wenn der Anspruch auf die Leistung vom Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängig ist, bei dessen Vollendung allgemein mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist.

3., 4. ...

5. Eine Bestimmung oder Rechtsanwendung, nach der ein insolvenzgeschützter Anspruch auf eine Altersrente nur besteht, wenn der Arbeitnehmer mindestens das 60. Lebensjahr vollendet hat, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG. Um dieses Ziel zu fördern, hat der Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung in Versorgungsordnungen das Mittel der Festsetzung von Altersgrenzen für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Alters- oder Invaliditätsleistungen zur Verfügung gestellt.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Kläger hat aber Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

LAG Köln, Urt. 24.5.201612 Sa 941/15, BeckRS 2016, 69865

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen