„Frauen an die Macht!!“ – diskriminierende Stellenanzeige?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 04.07.2016
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht5|6983 Aufrufe

Die Abfassung von Stellenanzeigen ist unter der Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gleichsam gefahrgeneigte Arbeit geworden. Mitunter testen allerdings Unternehmen auch ganz gezielt die rechtlichen Grenzen aus. Mit einem solchen Fall hatte sich jüngst das ArbG Köln (Urteil vom 10.02.2016- Aktenzeichen 9 Ca 4843/15, PM 3/16) zu befassen. Der Arbeitgeber, ein Autohaus mit ausschließlich männlichen Verkäufern, hatte eine Stellenanzeige mit der Überschrift „Frauen an die Macht!! Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin“ veröffentlicht. Auf diese Anzeige hin wurde eine Verkäuferin eingestellt. Der Kläger bewarb sich auf diese Anzeige hin, erhielt jedoch eine Absage. Er fühlte sich als Mann benachteiligt und machte eine Entschädigung geltend. Das ArbG Köln hat entschieden, dass die Stellenanzeige zwar einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot enthalte, da sie sich nur an Verkäuferinnen richte. Diese unterschiedliche Behandlung sei aber ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber das Ziel verfolge, seinen Kunden Verkaufsberater beider Geschlechter zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber hatte angeführt, der Frauenanteil unter den Kunden liege bei 25-30% , bestimmte Einstiegsmodelle seien bei Frauen besonders gefragt und es seien auch schon ausdrückliche Kundennachfragen nach einer Verkäuferin erfolgt. Aus der Pressemitteilung geht nicht hervor, auf welchen Rechtfertigungstatbestand die Kammer ihr Urteil gestützt hat. Naheliegend wäre es wohl, im gezielten Ansprechen von Frauen eine sog. positive Maßnahme im Sinne des § 5 AGG zu sehen. Hiernach ist eine unterschiedliche Behandlung auch zulässig, wenn durch geeignete Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden soll. Denkbar wäre auch eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung wegen beruflicher Anforderungen nach § 8 AGG. Ob das unternehmerische Konzept hierfür ausreicht, ist indes fraglich. Ob das Urteil rechtskräftig geworden ist, ist nicht bekannt.

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5 Kommentare

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Arbeitgeber und Gerichte zeigen sich immer mutiger, offen, ungeschützt und unverklausuliert gegen das Antidiskriminierungsrecht zu verstossen, weil sie die dementsprechenden Regelungen des AGG nur noch als inanes Gesülze eines verweichlichten Gesetzgebers und die obergerichtliche willfährige Rechtsprechung als Einladung zum Gesetzesbruch verstehen dürfen. Der Rechtsstaat war schon einmal stärker. Und kein Terrorismus hat ihn zerstört, sondern seine eigenen elitären, egoistischen und vorverständnishaften Instititionen.

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Naja, ich schließe mich im Ergebnis dem obigen Kommentar an. Das mutet schon nach einem Vorwand an, eine hübsche Verkäuferin zu casten, um Umsatz zu steigern. 

 

Nun sollte man nicht über Entscheidungen richten, die man nicht gelesen hat, dennoch ist es schon auffällig auf welch verlorenem Posten man bei (Arbeits)gericht mit AGG Ansprüchen steht. Das ist heufig mehr Kommunikationspsychologie und schlammschlacht

 

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Also ist es zulässig, nur männliche Verkaufer zu suchen, wenn man Autos hauptsächlich an Männer verkauft, also all diese Penisersatzstücke und meiner-ist-länger-Autos? Das kann doch wohl nicht wahr sein! Wo bleibt denn da die Gleichberechtigung? Das zementiert die traditionellen Geschlechterrollen: was männlich ist, soll männlich bleiben und umgekehrt. 100 Jahre Gleichberechtigung für die Katz!

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Was wäre, wenn eine Frau nicht eingestellt worden wäre, weil der Arbeitgeber meint, Kunden würden Frauen als weniger kompetent ansehen, weswegen er nur männliche Verkäufer einstellen wolle?

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Ich frage mich, wie das Urteil wohl ausgefallen wäre, wenn ein privater Kindergarten, der - wie üblich - ausschließlich Erzieherinnen beschäftigt, gezielt und ähnlich humorvoll nach einem männlichen Kollegen gesucht hätte. Hier ließe sich ja gut argumentieren, dass ca. die Hälfte der Kinder männlich ist und männliche Bezugspersonen generell vonnöten sind. Vermutlich hätten wir bereits einen weiteren *Aufschrei*...

 

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