OLG Hamm zur weiteren Beschwerde gegen Kostenentscheidung: Unzulässig! Der Einzelrichter entscheidet auch hier!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.08.2016
|3962 Aufrufe

Der Betroffene hatte eine Rechtsbeschwerde zurückgenommen und bekam vom AG daher natürlich die Kosten auferlegt. Das LG hat das für richtig erachtet. Der Betroffene wollte/konnte dies nicht glauben. Die weitere sofortige Bechwerde war natürlich erfolglos. Vor allem weil sie unzulässig war! Das OLG Hamm hat dabei auch noch klargestellt: Die Entscheidung ist auch eine solche, die ins Eizelrichterdezernat fällt:

I.

Mit Beschluss vom 26.05.2014 hatte das Amtsgericht Münster dem Betroffenen die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - betreffend eine Verurteilung zu einer Geldbuße von 15 Euro - auferlegt, nachdem dieser sein Rechtsmittel zurückge-nommen hat. Die hiergegen gerichtete „Beschwerde“ des Betroffenen hat die 7. Strafkammer des Landgerichts Münster als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der als „sofortige Beschwerde“ bezeichneten weiteren Beschwerde. Er hält die seinerzeitige Rechtsmittelrücknahme für unwirksam.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die weitere Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II.

Zur Entscheidung berufen ist der Einzelrichter des Senats nach § 80a Abs. 1 OWiG. Der Senat folgt insoweit einer von mehreren anderen Obergerichten Auffassung. Das Oberlandesgericht Rostock hat diesbezüglich in seiner Entscheidung vom 14.09.2005 – 1 Ws 293/05 (NStZ 2006, 245; vgl. auch OLG Köln NZV 2006, 667 und OLG Stuttgart NZV 2006, 317) ausgeführt:

„Durch die Regelung des § 80a I OWiG i.d.F. des 1. Justizmodernisierungs-gesetzes vom 24. 8. 2004 (BGBl I, 2198, 2204), welches am 1. 9. 2004 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber den Grundsatz für die Besetzung der Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte neu festgelegt: In Umkehrung der bisherigen Rechtslage sind die Senate nunmehr „mit einem Richter besetzt, soweit nichts anderes bestimmt ist”. Die Besetzung mit 3 Richtern einschließ-lich des Vorsitzenden ist jetzt die Ausnahme. In den Absätzen 2 und 3 des § 80a OWiG hat der Gesetzgeber diese Ausnahmefälle abschließend geregelt. Danach soll der gesamte Senat nur noch in den wirklich bedeuten-den Fällen zusammentreten, nämlich dann, wenn eine Geldbuße und/oder eine vermögensrechtliche Nebenfolge festgesetzt oder beantragt worden ist, deren Wert - allein oder zusammengerechnet - 5000 € übersteigt (II), oder wenn dem Senat in der Besetzung mit 3 Richtern die Entscheidung zur Fort-bildung des Rechts oder zur Sicherung der Rechtseinheitlichkeit übertragen worden ist (III; BT-Dr 15/999, S. 36 und 15/1491, S. 33; vgl. auch BGHR OWiG § 80a Besetzung 2).

Dieser gesetzgeberische Wille wird auch in der Stellungnahme der Bundes-regierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (BT-Dr 15/780, S. 7, 8) und in der Beschluss-empfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf des Justizmodernisierungs-gesetzes (BT-Dr 15/3482, S. 23) deutlich. Hieraus erschließt sich, dass eine weitere Ausnahme von der Regel des § 80a I OWiG (auch) für Nebenent-scheidungen, unabhängig davon, ob mit (der Zulassung) der Rechtsbe-schwerde ein Zusammenhang besteht, durch § 80a II und III OWiG ersichtlich nicht geschaffen werden sollte (zu den Spruchkörpern in gerichtlichen Ver-fahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz vgl. auch § 46 VII OWiG).

Diesen gesetzgeberischen Willen zugrundegelegt und unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind (vgl. BGHSt 26, 270, 271; 44, 145, 148; BGHR aaO), ist die § 122 I GVG konkre-tisierende Neuregelung des § 80a I OWiG keiner weiteren einschränkenden Auslegung zugänglich.“

Dies kann zwar zu der ungewöhnlichen Konstellation führen, dass die angefochtene Entscheidung – wie hier – von drei Berufsrichtern erlassen wurde, während über die weitere Beschwerde nur ein Einzelrichter entscheidet. Das ist aber, da der Gesetz-geber im Ordnungswidrigkeitenverfahren keine etwa dem § 568 ZPO entsprechende Regelung geschaffen hat, folgerichtig und angesichts des im Rahmen der weiteren Beschwerde aufgrund der Regelung des § 310 StPO beschränkten Prüfungsumfangs durchaus angemessen.

III.

Das Rechtsmittel des Betroffenen ist als weitere Beschwerde auszulegen. Zwar hat er mit Schreiben vom 08.05.2016 erklärt, es sei nicht seine „Absicht“ gewesen, eine „Beschwerde nach § 310 StPO“ einzulegen. Gleichzeitig hat er aber erklärt, dass er seine „sofortige Beschwerde“ aufrecht erhalte. Damit hat er sein Begehen klar zu er-kennen gegeben, weiterhin gegen den angefochtenen Beschluss vorgehen zu wollen, was aber eine weitere Beschwerde darstellt.

Die weitere Beschwerde ist unzulässig, da grundsätzlich eine weitere Anfechtung der auf eine Beschwerde ergangenen Entscheidung nicht stattfindet (§ 310 Abs. 2 StPO) und ein Ausnahmefall nach § 310 Abs. 1 StPO nicht vorliegt.

IV.

Soweit der Betroffene in seinem Beschwerdeschriftsatz vom 22.06.2014 beantragt hat, ihm „falls rechtlich möglich“ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ge-währen, kann dies allenfalls als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung von Fristen im Zusammenhang mit der Rechtsbeschwerde bzw. dem Zulassungsantrag ausgelegt werden. Hierüber ist der Senat nach § 46 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG zur Entscheidung berufen (im angefochtenen Beschluss wurde hierüber – anders als der Betroffene meint - weder im Tenor noch aus den Entscheidungsgründen erkennbar entschieden).

Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, da der Betroffene keine Frist i.S.v. §§ 44 StPO, 79 Abs. 3 OWiG versäumt hat. Sein Verteidiger hat am 24.03.2014 gegen das am 17.03.2014 verkündete Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt und diese bereits mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Selbst wenn man das anders sehen wollte weil ggf. noch eine weitere Rechtsbeschwerdebegründung abgegeben werde sollte, ist der Wiedereinsetzungsantrag unzulässig, denn der Betroffene hat weder eine Rechtsbeschwerdebegründung in der nach §§ 345 StPO, 79 Abs. 3 OWiG gebotenen Form überhaupt nachgeholt, wie dies § 45 Abs. 2 S. 2 StPO gebietet, noch hat er dargelegt (innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO, vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 45 Rdn. 3, die spätestens am 29.06.2014, eine Woche nach der Datierung des Wiedereinsetzungsantrages, abgelaufen wäre) und glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 S. 1 StPO), wann er von der Nichtwahrung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist Kenntnis erlangt hat. Die Ausführungen im Schriftsatz des Betroffenen vom 12.04.2016, er habe seinen Anwalt – offenbar nach Erhalt des Kostenbeschlusses – am 13.06.2014 angeschrieben, deuten sogar eher darauf hin, dass die Frist des § 45 Abs. 1 StPO versäumt wurde. Denn hat der Betroffene am 13.06.2014 seinen Verteidiger wegen des Kostenbeschlusses ange-schrieben, so hat er aufgrund dieses Umstandes dann auch gewusst, dass sein Rechtsmittel nicht mehr weiter betrieben, also auch nicht weiter begründet worden ist. Der im Schriftsatz vom 22.06.2014 – eingegangen am 26.06.2014 – enthaltene Wiedereinsetzungsantrag wäre dann deutlich verspätet gewesen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 17.6.2016 - 4 Ws 181/16

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen