OLG München zur Befugnis des Vorerben, die Nacherbeinsetzung zu verändern

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 29.02.2016

Der Erblasser hatte seine Ehefrau zur befreiten Vorerbin und seine beiden Söhne zu Nacherben eingesetzt. Zudem hat er verfügt, dass die Einsetzung der Söhne als Nacherben unter der Bedingung erfolgt, dass die Vorerbin nicht anderweitig testiert. Er sei zur „Abänderung der Nacherbenbestimmung“ nur innerhalb der Abkömmlinge befugt.

Tatsächlich hat die Vorerbin einen der beiden Söhne „zu meinem Alleinerben“ eingesetzt. Durch Umdeutung nach § 140 BGB stellte das OLG München fest, dass dieser Sohn tatsächlich Alleinerbe geworden ist (Beschluss vom 27.01.2016, Az. 31 Wx 168/15, BeckRS 2016, 3325). Der Erblasser könne einen Nacherben unter der Bedingung einsetzen, dass der Vorerbe nicht anderweitig über den Nachlass verfügt. Der Wirksamkeit stehe die Vorschrift des § 2065 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Durch Herbeiführung der auflösenden Bedingung – hier Errichtung eines Testamentes – würde er über seinen eigenen Nachlass zum unbeschränkten Vollerben werden (u. a. BeckOK BGB/Litzenburger § 2065 Rn. 12). Die Vorerbin wäre bei ihrem Ableben für eine juristische Sekunde Vollerbe des Erblassers geworden. Sie könnte den einen Sohn wirksam zu ihrem Alleinerben einsetzen. So könnte durch Umdeutung der von dem Erblasser mit seiner unwirksamen letztwilligen Verfügung erstrebte wirtschaftliche Zweck erreicht werden.

Zunächst stellte der Senat aber fest, dass die Möglichkeit zur Abänderung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit nach § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam sei. Aber: das betraf die Erbeinsetzung durch den vorverstorbenen Erblasser. Da die Erblasserin aber für eine juristische Sekunde Vollerbin wurde, konnte sie den Sohn zu ihrem Alleinerben einsetzen. damit hat er auch das väterliche Vermögen mitgeerbt.

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