Der Impfpass des Kindes

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 02.02.2016
Rechtsgebiete: Familienrecht5|3645 Aufrufe

Die verheirateten Eltern leben getrennt. Eine Sorgerechtsregelung ist nicht getroffen. Die 2008 geborene Tochter lebt bei der Mutter.

Diese verlangt vom Vater die Herausgabe des Impfpasses und des Untersuchungshefts für die U-Untersuchungen. Für das Kind sei die Auffrischung einer Impfung erforderlich.

Der Vater weigert sich. Er sieht keinen Grund zur Herausgabe, da die Sachen nicht bzw. lediglich für die von der Mutter aus seiner Sicht unrechtmäßig vorgenommene Schulanmeldung benötigt würden.

Das AG meint bei dem Impfpass und dem U-Heft handele es sich um Haushaltsgegenstände (§ 1361 a BGB) Es entspreche der Billigkeit, der Mutter, bei der das Kind momentan lebe, auch die hierfür erforderlichen Unterlagen und Urkunden zur Verfügung zu stellen. Soweit der Vater durch Verweigerung der Herausgabe des Untersuchungsheftes die aus seiner Sicht unrechtmäßige Einschulung der Tochter sanktionieren wolle, sei dies kein sachlich rechtfertigender Grund.

Das vom Vater angerufene OLG tut sich schwer, eine Anspruchsgrundlage für das Herausgabeverlangen zu finden. Ein Haushaltsgegenstand lege jedenfalls nicht vor. Vielmehr sei ein möglicher Anspruch auf Herausgabe als Annex zum Unterhaltsanspruch nach §§ 1601, 1610 II BGB  analog geltend zu machen. Betroffen von dem Anspruch seien elementare Bedürfnisse des Kindes.

Es handele sich gleichwohl um keine eigentliche Unterhaltssache, sondern um eine sonstige Familiensache, mit der ein Anspruch aus dem Eltern-Kind-Verhältnis geltend gemacht werde (§ 266 I Nr. 4 FamFG).

Leben die Eltern getrennt und befindet sich das Kind in der Obhut eines Elternteils, sei der Anspruch des Kindes in gesetzlicher Verfahrensstandschaft analog § 1629 Abs. 3 BGB durch den Obhutselternteil im eigenen Namen geltend zu machen.

OLG Nürnberg v. 24.11.2015 - 11 UF 1140/15

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

5 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Vom Ergebnis her einleuchtetend, die dogmatische Konstrution ist allerdings schon gewöhnungsbedürftig. Da hätte man wohl auch gleich § 242 BGB nehmen können.

4

Ein hausgemachtes Problem:

§ 50 d FGG lautete: Ordnet das Gericht die Herausgabe eines Kindes an, so kann es die Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen durch einstweilige Anordnung regeln.

 

 

Warum hat die Mutter sich nicht für 1 (in Worten : einen) EUR einen neuen Impfausweis ausstellen lassen ?

Wurde dazu etwas im Urteil ausgesagt vielleicht bei der Zulässigkeit (Rechtschutzbedürfnis ?)  ?

 

 

0

Kommentar hinzufügen